LESERINNENBRIEFE
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Seltsamer Humor

■ betr.: „Nur ohne Gluten“, taz vom 24. 12. 12

Ich bin schockiert über diesen behindertenfeindlichen Beitrag. Bei der Glutenunverträglichkeit (Zöliakie, einheimische Sprue, Morbus Duhring) handelt es sich um eine chronische Darm- bzw. Hauterkrankung. Die Unfähigkeit, das Gluten abzubauen, führt u. a. zu einer Verklebung der Darmzotten, Abmagerung, chronischen Durchfällen, vielfältigen Mangelerkrankungen sowie einem erhöhten Krebsrisiko. All dies kann nur durch eine 100-prozentige glutenfreie Diät gebessert bzw. verhindert werden. Sich in einer Weihnachtsausgabe über das Leid von anderen Menschen lustig zu machen, zeugt von einer seltsamen Art von Humor. MICHAEL EID, Berlin

Nicht offen für Neues?

■ betr.: „Nur ohne Gluten“, taz.de vom 23. 12. 12

Dass Frau Stokowski anderen Menschen Affenhirn ins Essen wünscht, deren Bedürfnisse sie offenbar nicht nachvollziehen kann, aber munter und feindselig verurteilt, ist an sich schon traurig; dass sie es öffentlich macht, halte ich für unklug und höchst bedauernswert. Es hätte z. B. einen ganz einfachen Weg gegeben, das für Sie Unverständliche zu verstehen (vorausgesetzt, es interessiert Sie überhaupt): Sie hätten die Betreffenden z.B . fragen können, warum sie das so bestellen, und dann noch mal nachfragen. Ich lebe mit einem Mann und einem Sohn, die beide glutenfrei leben müssen, um nicht krank zu werden, und ich kann Ihnen versichern, dass es schon mehr als einmal vorgekommen ist, dass trotz klarer Bestellung dann doch vergessen wurde, das Gluten wegzulassen (besonders dann offensichtlich, wenn man das „natur“ bestellte Schnitzel paniert serviert bekommt oder Brotcroutons auf dem „glutenfreien“ Salat sind). Eine Zöliakiediagnose geht übrigens sehr häufig mit einer (manchmal vorübergehenden) Laktoseintoleranz einher. Ganz unabhängig davon: Ich weiß nicht, was Sie daran hindert zu akzeptieren, dass Menschen vegan leben oder bestimmte Dinge nicht essen wollen.

Und: Warum bestellen Sie eigentlich immer das Gleiche bei „Ihrem armen Kellner“? Einfallsarmut? Nicht offen für Neues? Oder was?

KATHARINA SCHMIDT, taz.de

Unglaubwürdig

■ betr.: „Verfassungsschützer tauchen auf“, taz vom 23. 12. 12

Der „Kulturwandel“ des „Verfassungsschutzes“ ist ungefähr so glaubwürdig wie der der Deutschen Bank. ULLRICH F. J. MIES, taz.de

VS interessiert sich

■ betr.: „Verfassungsschützer tauchen auf“, vom 23. 12. 12

„Er hat sich aber intensiv für unsere Ansichten interessiert.“ Das gehört doch zu den gewohnheitsmäßigen, instinkthaften Verhaltensweisen des Verfassungsschutzes, sich „intensiv“ für die Ansichten (und Aktivitäten) Anderer zu interessieren. Die geplante neue „Bürgernähe“ hingegen klingt eher nach der Organisation „Volkes Wille“, wie sie in den dystopischen Phantasien des Schriftstellers Viktor Pelevin vorkommt.

REORIENT, taz.de

VS kann sich bedanken

■ betr.: „Verfassungsschützer tauchen auf“, vom 23. 12. 12

Super, da kann sich der VS ja bedanken: Eine ideologisch (Extremismustheorie) begründete Maschinerie, deren fatale gesellschaftlichen Auswirkungen im NSU-Skandal mal wieder deutlich wurden – und die Falken helfen bei der Legitimation: „Wenn die sich schon mit Linken treffen, können die ja doch nicht so schlimm sein …“

OHJE …, taz.de

Beneidenswert

■ betr.: „Ich bin ein Vorbild für Berliner“, Interview mit Playboy Eden, taz vom 22. 12. 12

… wer wenig Geld für viel Arbeit verdient, ist nur zu doof um mit wenig Arbeit viel Geld zu verdienen… Herr Eden illustriert diesen blöden Spruch aufs Vortrefflichste. Ein Unikum wie den Herrn Eden soll man nicht scheel ansehen. Davon gibt es viel zu wenige auf dieser Welt. Ein wahrer Existenzialist. Ins Leben geworfen und sich lustvoll drin rumgesuhlt. Beneidenswert.

JANZ ENTSPANNT, taz.de

Unverständliche Wahl

■ betr.: „Ich bin ein Vorbild für Berliner“, Interview mit Playboy Eden, taz vom 22. 12. 12

Bei dem sexistischen Gerede des Herrn Eden wundert es mich, dass es anscheinend immer noch genug (junge) Frauen gibt, die sich von diesem Mann zum Geschlechtsverkehr – anscheinend nicht zum Orgasmus – bringen lassen. Ich bin überhaupt nicht lustfeindlich und halte Frauen unter 30 (auch ich gehöre dazu) selbstverständlich für in der Lage, sich souverän mit Geschlechtspartnern einzulassen … aber ich verstehe die Wahl dieser speziellen Frauen einfach nicht. VICTORIA, taz.de

Leicht verunsichert

■ betr.: „Ich bin ein Vorbild für Berliner“, Interview mit Playboy Eden, taz vom 22. 12. 12

Während eines Bummels über den Ku’damm hielt neben mir auf der Straße ein Rolls Royce. Die Beifahrertür ging auf und ein gut gekleideter älterer Herr queerte den Platz in Richtung Cafe Einstein. Auf einer Bank sitzt eine etwa gleich alte Dame. Als sie den Typen, der an ihr vorbeiwill, erblickt, steht sie auf, rafft ihre zahlreichen Röcke, hält dem zwangsgebräunten Typen ihren blanken Allerwertesten entgegen und ruft: „Guck mal, Rolf, der kann sich immer noch sehen lassen.“ Leicht verunsichert geht der Typ weiter in sein Stammcafé. Das ist die Art von Wertschätzung einer Berlinerin, die man dem Paradisvogel Rolf Eden neidlos gönnen sollte. XONRA, taz.de