: Feuerprobe am 1. Mai
SICHERHEIT Beim Großeinsatz wird sich zeigen, wie der neue Polizeipräsident Klaus Kandt wirklich tickt
Wenn es eine Lehre aus dem Verlauf von 25 Jahren 1. Mai gibt, dann die: Dieser Tag ist immer für eine Überraschung gut. Bei fast allen Interviews, die der neue Polizeipräsident Klaus Kandt seit seiner Ernennung gegeben hat, wurde er deshalb nach seiner Haltung zum 1. Mai gefragt. „Selbstverständlich“ werde er den eingeschlagenen Kurs seines Vorgängers fortführen, antwortete Kandt. Bei einer Taktik, die sich bewährt habe, gebe es keinerlei Anlass für größere Änderungen.
Alles andere wäre auch dumm: Seit 1987 kommt es am 1. Mai zu Krawallen. Aus den großen Straßenschlachten der 80er und 90er Jahre, in denen sich Demonstranten und Polizisten unversöhnlich gegenüber standen, sind inzwischen zumeist Scharmützel geworden. Die unter Rot-rot und dem früheren Polizeipräsidenten Dieter Glietsch eingeführte Deeskalationsstrategie hat gute Erfolge erzielt. Deeskalationsstrategie – im Polizeijargon Doppelstrategie genannt – heißt: Die Polizei hält sich zurück, solange es friedlich bleibt. Bei ersten größeren Gewaltaktionen werden aber sofort die Einheiten für Festnahmen losgeschickt.
Am 1. Mai 2012 hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) seine Feuerprobe. Er änderte an der Polizeistrategie nichts – und konnte sich im Anschluss im Erfolg eines ausgesprochen friedlich verlaufenen Tages sonnen. Doch es hätte auch anders kommen können: 2009 waren Beamte mit Steinen und Molotow-Cocktails angegriffen worden. Und das alles, obwohl sich die Polizei auch da zunächst zurückgehalten hatte.
Für den 1. Mai 2013 gibt es Signale, dass die NPD in Berlin marschieren will. Das heizt die Emotionen an. Eine Herausforderung für Klaus Kandt. Beim Großeinsatz wird sich zeigen, wie der neue Polizeipräsident wirklich tickt. PLUTONIA PLARRE