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Archiv-Artikel

Demjanjuk: Der lange Weg zum Prozess

Das Sobibor-Verbrechen: Der Ukrainer Iwan Demjanjuk gerät 1942 als Sowjetsoldat in deutsche Kriegsgefangenschaft. Den Ermittlungen zufolge entscheidet er sich zur Kooperation mit den Nazis und wird als „Hilfswilliger“ Aufseher im Vernichtungslager Sobibor im besetzten Polen. Im Oktober 1943 wird er in das bayerische KZ Flossenbürg abkommandiert und ist dort bis Dezember 1944 Wachmann. Anfang der 1950er-Jahre wandert er in die USA ein. Wegen falscher Angaben über seine Vergangenheit wird ihm 1981 die US-Staatsbürgerschaft aberkannt.

Der erste Prozess: Im Februar 1986 liefert ihn die US-Regierung an Israel aus. Ein Jahr später beginnt dort sein Prozess. Er endet am 25. April 1988 mit einem Todesurteil wegen Beihilfe zum Mord an mehr als 800.000 Juden und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie das jüdische Volk. Er bestreitet bis zuletzt, jemals KZ-Wächter gewesen zu sein, und bezeichnet sich als Opfer einer Verwechslung. Nach der Verurteilung tauchen Beweise auf, die Zweifel an seiner Identität erhärten. Am 29. Juli 1993 hebt das Oberste Gericht Israels das Todesurteil auf. Demjanjuk kehrt in die USA zurück, wo er als Staatenloser bei seiner Familie in Seven Hills (Ohio) lebt.

Die Abschiebung: Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen in Ludwigsburg sammelt neue Beweise. Im November 2008 übergibt sie das Material der Staatsanwaltschaft München. Ein Gutachten des bayerischen Landeskriminalamtes bestätigt die Echtheit eines Demjanjuk zugeordneten SS-Dienstausweises. Das Amtsgericht München erlässt darauf am 11. März 2009 Haftbefehl. Nach wochenlanger Auseinandersetzung wird Demjanjuk am 11. Mai von den USA abgeschoben und in der Haftanstalt Stadelheim inhaftiert.

Der zweite Prozess: Am 3. Juli gibt die Anklagebehörde bekannt, dass der mittlerweile 89-Jährige laut ärztlichem Gutachten verhandlungsfähig ist. Am 13. Juli erhebt die Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen. Am 1. Oktober lässt das Landgericht München II die Anklage zu. Demjanjunks Verteidiger legen eine Verfassungsbeschwerde ein, weil sie die Zuständigkeit der deutschen Justiz bezweifeln. Das Bundesverfassungsgericht weist die Beschwerde am 21. Oktober aber ab und macht damit den Weg für den Prozess frei.