Berliner Szenen: Tote Ratte
Alles fiese Deppen
In Berlin kriegen sie gar nichts auf die Reihe, Flughafen nicht, Lageso eine Katastrophe, genügend Lehrer gibt es auch nicht, nur Knöllchenverteilen klappt prima, denke ich, als ich ein Knöllchen an der Windschutzscheibe meines Autos finde, und das nur, rumort es weiter in meinem Gehirn, weil wieder mal ein schwachsinniger Film um die Ecke gedreht wird, der den Anwohnern alle Parkplätze wegnimmt. Und dann lockt der Film noch mehr Leute in die Stadt, die uns noch mehr Parkplätze wegnehmen.
Wir fahren zur „Weltlaterne“, um einen kleinen Teller mit Calamares zu essen. Da gibt es auch keinen Parkplatz, aber eine Lücke vor einem ehemals besetzten Haus. Ich parke das Auto mit der Schnauze auf dem Gehsteig, der breit genug ist, um niemanden zu behindern, und auf dem sowieso kaum jemand geht. Hinter dem Schaufenster im Erdgeschoss des ehemals besetzten Hauses sitzt ein Mann hinter einem Computer und guckt entsetzt. Als wir zurückkommen, liegt eine tote Ratte auf der Kühlerhaube. Ich stelle mir vor, wie der Mann tote Ratten sammelt, damit er eine parat hat, wenn jemand vor dem Haus nicht ordnungsgemäß parkt. „Das ist wahrscheinlich ein Grünen-Wähler, der aus Protest zur AfD gewechselt ist“, sage ich. „Die AfD hat das bestimmt in ihrem Programm verankert.“
Fup ist fasziniert von der toten Ratte, vor allem als sie vom Scheibenwischer über die Scheibe geschoben wird, weil ich hoffe, ich könne sie dadurch vielleicht abschütteln. Aber der Ratte scheint es auf der Kühlerhaube zu gefallen. „Was ist die AfD?“, fragt Fup plötzlich. Ich überlege. Dass die AfD eine Partei ist, die ihre Existenz dem „Islamischen Staat“ verdankt, weshalb man sagen könnte, die IS ist die Mutter der AfD, das könnte kompliziert werden. Also sage ich: „AfD ist eine Abkürzung und bedeutet Alles fiese Deppen.“ Klaus Bittermann
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