Magere Martinsgänse

Ab heute gilt wegen der Vogelgrippe die Stallpflicht. Bauern schlachten ihre Gänse, anstatt sie einzusperren

MÜNCHEN dpa ■ Martins- und Weihnachtsgänsen geht es wegen der Vogelgrippe vorzeitig an den Kragen. Da es Bauern oft nicht möglich sei, tausende von Gänsen im Stall unterzubringen, ließen sie das Federvieh jetzt vorzeitig schlachten, berichtete gestern Herbert Quakernack vom westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverband in Münster. In anderen Regionen sieht es ähnlich aus.

Von diesem Samstag an gilt für sämtliches Geflügel in Deutschland ein Freilaufverbot. Gänse sind vergleichsweise schwer im Stall zu halten. Anders als Hühner bleiben sie auch nachts am liebsten draußen. In Schleswig-Holstein beantragten mehrere Großzüchter eine Befreiung von der Stallpflicht. Thüringen sieht die Sache pragmatisch: Mit dem Martinstag am 11. November – zu dem traditionell auch ein Festtagsschmaus mit Gänsebraten gehört – werde sich die Frage sowieso erledigen, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Thomas Schulz.

Die Gänse auf deutschen Festtischen stammen zum größten Teil aus Polen und Ungarn. Von den 32.000 Tonnen Gänsefleisch, die 2003 in Deutschland verkauft wurden, kamen nur 4.000 Tonnen aus heimischer Produktion. In Polen haben die Schlachtungen bereits Ende Juli begonnen und gehen in den nächsten Tagen zu Ende. Das Fleisch wird eingefroren. In dem Land gilt seit vergangenem Wochenende ein Freilaufverbot für Geflügel.

Die Europäische Union verschärfte gestern die Einfuhrverbote für Ziervögel und Federn aus Russland. Grund ist ein von den russischem Behörden bestätigter H5N1-Fall bei Geflügel in der Region Tula, südlich von Moskau. In Thailand ist ein neuer Fall von Vogelgrippe beim Menschen aufgetreten – ausgerechnet beim Sohn eines an der Krankheit gestorbenen Bauern. Nach Behördenangaben von gestern wird der infizierte Siebenjährige aber überleben. Der Junge soll sich nicht bei seinem Vater angesteckt habe. Hinweise auf eine Übertragung von Mensch zu Mensch gebe es nicht.

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