: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Während Edmund Stoiber Teamwork jetzt erst noch lernen muss, fällt der Union das Skelett der mumifizierten katholischen Soziallehre in den Arm. Macht aber alles nix: Die Borussia ist auf dem 5ten Tabellenplatz
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Unionsobristen hätten keinen ungeeigneteren Sündenbock finden können als Lothar Bisky.
Was wird besser in dieser?
Linkspartei bringt den roten breaking-news-Balken von n-tv „Bisky wieder nicht gewählt“ als Taschenbuch raus.
Edmund Stoibers Wirtschaftsministerium wird offenbar kleiner als erwartet und er zum troublemaker der Koalition. Sind das die Anpassungsprobleme eines Sonnenkönigs an das Berliner Klima?
Stoiber denkt und kalkuliert aus klassischer autoritärer Schule: Kanzlerin gibt ihm Kompetenzen, also haben die anderen ihm nix zu sagen. Merkel dagegen führt behutsame Regie in Gruppenprozessen: Streu Futter und sieh zu, wie sie sich balgen. Letzteres ein sehr defensives „Teile und herrsche“, gegen das nur Solidarität hilft. Stoiber wird Netzwerker oder scheitern.
Das Personal der großen Koalition ist fertig. Und was ist mit den Inhalten?
Die aktuelle Pokerpartie scheint mir das große Warten, wann die SPD den schwarzen Peter für die Mehrwertsteuererhöhung nimmt. Vorteil Union: Steinbrück und Müntefering verantworten die Ressorts, die am dringendsten Geld brauchen. Vorteil SPD: Mit nur noch zwei Ministerpräsidenten müsste sie nicht aus Rücksicht auf Länderinteressen umfallen.
Der neue Bundestagspräsident Lammert (CDU) hat die gute alte Leitkulturdebatte aus dem Schrank geholt. Hilft das der Union?
Wenn die Union mit einer programmatischen Erneuerung und Klärung warten wollte, bis sie dazu in der Opposition Zeit und Muße hat, kann sie vermutlich lange warten. Im zitierten Schrank müffelt Hohmann-Handkäs, eitern neoliberale Gewebeproben, desodorieren schwarz-grüne Aromabäumchen vor sich hin. Beim Öffnen fällt einem das Skelett der mumifizierten katholischen Soziallehre aus hohlen Augen traurig sehnend in den Arm. Es ist ein schmutziger Job, aber einer sollte es tun.
Ein britischer Investor will die Berliner Zeitung kaufen. Was sagt uns das?
Mit diesem take-over profiliert sich Berlin aus Hauptstadt Osteuropas, wo solche Meinungsmacht-Übernahmen gang und gäbe sind. Dort heißen die Heuschrecken Springer und WAZ. Man möge uns nach diesem Showdown nicht mehr mit Marktsprüchen kommen: Die Berliner Zeitung ist wirtschaftlich gesünder als viele andere – und wird gerade zu Tode gemanaged. Holtzbrinck erwiese Größe, die Belegschaft zu einem Management-buy-out zu bewegen.
Am Mittwoch gibt es einen Großen Zapfenstreich und Dschingdarassabumm zu 50 Jahre Bundeswehr. Soll man noch dagegen demonstrieren?
Wenn der Protest so ritualisiert wirkt wie sein Gegenstand, kann man es lassen. Die Rückschau auf die Anfänge als reine Landesverteidungstruppe wehrpflichtigere Bürger in Uniform – wäre eine sehr substanzielle Kritik an dem, was die Bundeswehr stattdessen heute ist.
Der künftige Verteidigungsminister Jung will eine Dienstpflicht auch für Frauen. Ist das gerecht und zeitgemäß?
Ehrlich? Und ihr schmeißt mich nicht raus? Klares: Ja. Ich weiß nicht, ob es Väter gibt, die Müttern die Erziehungsarbeit aufs Auge drücken, „weil die Männer ja gedient haben“ – der Staat darf diesen Unsinn jedenfalls nicht unterstützen. Eine Dienstpflicht erhielte die Bundeswehr als schwerer kommandierbare Wehrpflichttruppe; sie versorgte öffentliche Aufgaben wie Alters-, Kranken- und Behindertenpflege mit schlechtem, aber anstelligem Personal. Aufgaben, an denen die Marktwirtschaft offenkundig scheitert. Und, damit’s richtig weh tut: In diesem Rattenrennen der Egotrip-Gesellschaft schadet eine Runde für die Gemeinschaft niemandem wirklich. An Jungs Vorschlag kann ich nur kritisieren, dass er ihn unabgesprochen und damit auf Scheitern programmiert zündet. Und dass er keine Ahnung hat, wie man’s bezahlen soll.
Und was macht Borussia Dortmund?
Borussia? Borussia ist da, wo Horst Köppel ist. Fünfter Tabellenplatz ! Hannen Alt für alle !