: Lieber tot als rot
KOMISCH „Red Dawn“ von Dan Bradley ist das Remake des Films von John Milius, in dem Kommunisten die USA besetzten. Jetzt kämpfen ein paar amerikanische Jugendliche gegen Nordkoreaner, die mit einer Geheimwaffe alle Computer außer Kraft setzten
VON WILFRIED HIPPEN
Schon der Titel ist ein Anachronismus. Vor einer „roten Morgendämmerung“, also einer kommunistischen Bedrohung, hat in den USA schon seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion niemand mehr Angst. Dass dagegen die inneren Widersprüche des kapitalistischen Systems viel bedrohlicher für das Land sind, ist ja gerade wieder deutlich gemacht worden. In diesem Sinne könnte „Red Dawn“ seltsamerweise durchaus als eine reaktionäre Wunschfantasie konzipiert worden sein. Darin werden die USA zwar durch eine weitere ökonomische Krise so destabilisiert, dass das Land von feindlichen Truppen besetzt werden kann, aber es reichen ein paar mutige und kräftige Teenager, um dem Feind den entscheidenden Gegenschlag zu versetzten.
Das Original mit dem deutschen Titel „Die Rote Flut“ von 1984 ist eines von jenen berüchtigten Machwerken Hollywoods, die oft zitiert und kaum gesehen werden. Damals passte diese Geschichte von einer Invasion der USA durch sowjetische und kubanische Truppen zum Zeitgeist der Reagan-Ära und John Milius, der davor einer der Drehbuchschreiber von „Apokalypse Now“ war und bei „Conan der Barbar“ Regie führte, war mit seinem barbarisch primitiven Erzählstil zumindest originell. Heute ist das Grundkonzept dagegen so unplausibel, dass der Film als nicht intendierte Komödie seine Reize hat.
Das kleine Nordkorea soll die USA besetzten? Und zwar mit solch einer Übermacht an Kriegsmaterial und Truppen, dass das Land nach wenigen Tagen jeden Widerstand aufgibt? Diese Absurdität kann man nun allerdings nicht den Drehbuchschreibern Carl Ellsworth und Jeremy Passmore anlasten. Bei ihnen waren es chinesische Truppen, die die USA besetzten, was zumindest nicht so offenkundig unmöglich wäre. Der Film war auch schon vor drei Jahren abgedreht, doch dann ging sein Studio MGM Pleite und er wurde Teil der Bankrottmasse. Die neuen Produzenten waren nun der Meinung, dass „Red Dawn“ in dieser Form auf dem schnell wachsenden chinesischen Importmarkt wenig Chancen haben würde, und so wurden aus den Chinesen flugs Nordkoreaner. Dafür reichte es, dass ein paar Szenen neu gedreht, Dialoge neu synchronisiert und Flaggen, Truppenabzeichen und Uniformen digital verändert wurden. Dass der einzige Soldat der Invasionstruppen mit einer Sprechrolle von dem Chinesen Will Yun Lee gespielt wird und eher den chinesischen als den koreanischen Rollenklischees entspricht, war dabei offensichtlich ein zu vernachlässigendes Detail.
Nun werden also die Spieler eines Highschool-Footballteams in Spokane, Washington eines Morgens durch laute Explosionen geweckt. Am Himmel sehen sie Hunderte von Truppenflugzeugen, aus denen Tausende von nordkoreanischen Soldaten mit Fallschirmen auf die Stadt herabspringen. Diese erschießen wahllos Passanten und nehmen jene Amerikaner, die sich ergeben, gefangen. Der aufrechte Sheriff des Ortes befiehlt seinen beiden Söhnen Matt und Jed in die Wälder zu fliehen und wird dafür ein paar Szenen später vor ihren Augen vom dämonischen Stadthalter Cho erschossen. Doch dies stärkt nur ihren Widerstandswillen, und unter der Leitung von Jed, einem Marinesoldaten auf Heimaturlaub, bilden sie eine Rebellentruppe, die sich mit Guerillataktiken gegen die Besetzer kämpft. Die Handvoll von Teenagern ist schnell in eine unverwundbare Rebellentruppe verwandelt, die immer verwegenere Angriffe auf die Soldaten ausübt, die zwar zurückschießen, aber nie treffen und meist gesichtslos sterben. Seltsam ist dabei, wie passiv der Rest der Bevölkerung sich verhält. Erst am Ende des Films werden sie durch die Taten der jungen Helden so aufgerüttelt, dass sie sie plötzlich bewaffnen und wehren, aber davor wussten die Autoren nichts mit ihnen anzufangen, und so ließen sie sie wie ferngesteuerte Schlafwandler durch ihre Stadt laufen.
Die militärischen Aktionen der Rebellen sind extrem simpel und leicht zu durchschauen, aber die Nordkoreaner fallen natürlich gleich mehrmals auf jeden Trick herein, und schließlich gelingt auch der kriegsentscheidende Raub eines schwarzen Koffers, der die Codes einer digitalen Geheimwaffe enthält, mit der die Kommunisten alle Computer des Landes lahmgelegt hatten. Diese Lösung ist dramaturgisch so antiquiert, dass auch dies schon ein Witz ist.
Einen seltsamen Beiklang bekommt der Film für unsere Ohren noch durch den Namen der rebellischen Footballmannschaft. In einem der wenigen Dialoge, die aus mehr als zehn Wörtern bestehen, nennt Jed zwar die Vietkong und die Mudschahidin als ihre Vorbilder, doch wenn die amerikanischen Teenager sich „Wolverines“ nennen, erinnert das an die nationalsozialistische Freischärlerbewegung „Werwolf“, die in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs für den Kampf gegen die alliierten Besatzungstruppen aufgestellt wurde.