: Der große Kick
Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 haben die Arbeitsagenturen in Hamburg und Hannover eine Beschäftigungsoffensive gestartet. Sie rechnen mit vielen neuen Arbeitsplätzen. Die Wirtschaft ist vorsichtiger
Karl-Heinz Klemann will keinen Kaffeesatz lesen. Über die Zahl der Arbeitsplätze, die die Fußball-Weltmeisterschaft in Hamburg schaffen könne, gebe es nur Spekulationen. Schließlich ringt sich der operative Geschäftsführer der örtlichen Arbeitsagentur doch zu einer Zahl durch: Mit 5.000 bis 8.000 Stellen rechne man nach Auskunft von Kammern und Verbänden. Mit diesen hat die Arbeitsagentur gestern die „Beschäftigungsoffensive WM 2006“ gestartet.
„Wirtschaft lebt von Emotionen und Optimismus“, sagt Karl-Heinz Klemann. Den Schwung und die Hoffnung, die mit der Fußball-WM verbunden seien, will er für „den grauen Arbeitsmarkt“ nutzen und in die Zukunft retten. Die Agentur für Arbeit Hamburg hat ein zehnköpfiges WM-Vermittlungsteam aufgestellt, das sich um die personellen Wünsche der Unternehmen kümmern soll.
Wo man auch hinsieht, werden laut Klemann Arbeitsplätze entstehen. Die Vertreter der Hamburger Kammern und Verbände sehen das nicht ganz so optimistisch. „Die direkte Wirkung der WM wird kaum spürbar sein“, sagt Peter Haas von der Handwerkskammer. „Wir gehen nicht davon aus, dass nachhaltig Stellen geschaffen werden.“
Auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) ist man vorsichtig in den Erwartungen. Die Hotels würden während der WM sicher sehr gut ausgelastet sein, meint Gerald Pütter vom DEHOGA-Landesverband. „Das wird allerdings nicht sofort zu neuen Arbeitsplätzen führen.“
Für Fin Mohaupt von der Handelskammer Hamburg wäre es schon ein Erfolg, wenn die Unternehmen während der Weltmeisterschaft gesunden und ihre Beschäftigten halten könnten. „Ob 300 oder 800 neue Arbeitsplätze“, meint Mohaupt, „die Zahl ist doch nicht so wichtig.“ Entscheidender sei das „Signal an die Welt“, das von Hamburg ausgehe.
Zumindest Ulf Kalkmann vom örtlichen Einzelhandelsverband glaubt daran, dass in seiner Branche durch die WM Arbeitsplätze geschaffen werden: „Wenn es 1.000 Stellen gibt, ist das ein gutes Ergebnis.“ Wo diese entstehen sollen, sei aber ein „großes Fragezeichen“.
Bundesweit rechnet die Agentur für Arbeit mit 40.000 Arbeitsplätzen, die die Weltmeisterschaft schaffen soll. Dass diese nicht alle langfristig erhalten werden können, weiß auch Karl-Heinz Klemann. Er hofft aber auf „Klebeeffekte“. Die Ein-Euro-Jobber will die Hamburger Arbeitsagentur dafür nutzen, die Freie und Hansestadt „in der medialen Öffentlichkeit“ darzustellen. Als City-Guides oder Reinigungskräfte könnten die Langzeitarbeitslosen dann arbeiten. „Es gibt genügend Möglichkeiten, die Veranstaltung als Kick zu nehmen“, sagt Klemann.
Wenig abgewinnen kann man dem Einsatz von Ein-Euro-Jobbern in Hannover, dem anderen WM-Austragungsort des Nordens. „Da mangelt es mir an Fantasie“, sagt Rainer Keßler von der dortigen Arbeitsagentur. „Wo ist denn da das öffentliche Interesse?“
Auch in Hannover hat die Arbeitsagentur gestern ihre Vermittlungsoffensive gestartet. Zahlen will man hier aber noch nicht nennen. „Das kann noch keiner seriös machen“, sagt Keßler. Laut IHK sei dort alles möglich zwischen 1.000 und 8.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Diese würden vor allem im Handel und bei den Hotels und Gaststätten entstehen. „In der Regel sind das kurzfristige Stellen“, meint Keßler. Allein im Bereich der Verkehrssicherheit seien Chancen für langfristige Jobs signalisiert worden.
In Hamburg kann die Arbeitsagentur bereits 227 Tage vor dem Großereignis 3 neue Stellen vermelden. Sie hat sie selbst geschaffen: Arbeitsvermittler für die Weltmeisterschaft. Kristina Allgöwer