KUNSTRÄUME

Dragan Prgomelja – Avala Rising: Seine kräftigen Kohle-Zeichnungen in stark reduzierten Formen haben ebenso wie die seltsamen abstrakten Objekte durchaus einen Bezug zur Realität und zur eigenen Biografie: Sie gehen, ohne dass das besonders erkennbar wäre, auf Hunderte von Fotografien von Architektur- und Design-Details zurück. Doch dies soll eigentlich gar nicht verraten werden, der serbische Künstler selbst spricht lieber von einer multimedialen Auseinandersetzung mit einem fiktiven Kosmos: Die gezeigten Serien und Arbeiten seien Fragmente, Dokumente oder Puzzlestücke, welche als Gesamtes ein Archiv des Avala Universums darstellen. Eröffnung: Heute, Sa, 5. Januar, 20 Uhr, Frappant e. V. in der Viktoria-Kaserne, Zeiseweg/Bodenstedtstraße, Sa + So 14 – 19 Uhr. Bis 13. Januar. Künstlergespräch in der Ausstellung: Sonntag, 13. Januar, 17 Uhr. www.frappant.org

Unerkannt durch Freundesland – Illegale Reisen durch das Sowjetreich: Es gab in der DDR eine unter wenigen Individualisten bekannte Möglichkeit, sich unter Ausnutzung eines eigentlich nur zwei Tage gültigen Transitvisums in die Sowjetunion abzusetzen. Und so wagten es junge Abenteurer, illegal wochenlang zu Fuß, mit dem Fahrrad oder per Anhalter vom Baltikum bis zum Kaukasus durch Steppe und Tundra bis nach Sibirien zu reisen. In der Ausstellung werden bislang unveröffentlichte Fotoserien, Dokumente und Schmalfilme aus der Sowjetunion der Siebziger- und Achtzigerjahre präsentiert: Michael Biedowicz setzt sich in einer installativen Arbeit mit dem Zusammenhang von Propaganda und Realität auseinander, Robert Conrad zeigt Portraits und Stadtlandschaften aus Mittelasien, André Nickl präsentiert ufnahmen aus der autonomen Bergregion Swanetien. Frank Hawemann, Wolfgang Hensel, Jan Oelker, Peter Ulm und Edgar Winkler versammeln unter dem Titel „Friede den Hütten“ Bilder von weitgehend improvisierten Behausungen und Tina Bara schließlich reflektiert in ihrer Serie aus dem Baltikum das Erinnern als Prozess. Eröffnung: Dienstag, 8. Januar, 19 Uhr, Rathaus Altona, Platz der Republik 1, Mo – Do 07 – 19, Fr 07 – 16 Uhr. Bis 10. Februar

Günter Westphal – Blätter, so zart: Kunst ohne sozialen Zusammenhang kann sich der Hamburger Künstler überhaupt nicht vorstellen: In den 90er Jahren war er entscheidend am Entstehen der Wohn-Pflege-Hausgemeinschaft am Hansaplatz beteiligt, auch die langwierige Arbeit mit der Stadtteilinitiative Münzviertel und der jahrelange Kampf um die Einrichtung eines Werkhauses für Jugendliche in diesem sozialen Brennpunkt zählen dazu. Zu oft tritt dabei in den Hintergrund, dass Günter Westphal ein herausragend sensibler Fotograf ist. Auch mit seiner Kamera sucht er dabei das Unscheinbare und Randständige, dem er jenen optisch-poetischen Raum gibt, den es zur Entfaltung braucht. Seine Motive sind meist die mit ungeahnter Energie durch Asphalt und zwischen Beton gewachsenen Pflanzen, die er in den letzten zehn Jahren im Münzviertel in unmittelbarer Nähe der Bahngleise zum Hauptbahnhof gefunden hat. Galerie Renate Kammer Architektur und Kunst, Münzplatz 11, Di – Fr 12 – 18, Sa 11 – 15 Uhr. Verlängert bis 12. Januar. www.galerierenatekammer.de

Plat du Jour: Siebzehn Künstlerinnen und Künstler nehmen an dieser Gruppenausstellung teil, es scheint eher das Angebot einer Speisekarte als ein spezielles Essen zu sein. Aber vielleicht ist ja ein ganz besonderes Gewürz zu entdecken? Nachtspeicher 23 e.V., Lindenstraße 23, Sa + So 15 – 18 Uhr. Noch bis 13. Januar. www.nachtspeicher23.de

Als Kitsch noch Kunst war: Nicht erst heutzutage wird von einer alles überwältigenden Bilderschwemme gesprochen: Rosawangige Damen und liebliche Putten oder dynamische Fahrräder und beeindruckende Schnell-Dampfer wurden um 1870 massenhaft als Chromolithographien verbreitet. Der Übergang zwischen süßlicher Dekoration und artifizieller Produktwerbung war bei diesem populären Heimschmuck oft fließend und die bunte Bilderflut wurde schon damals von harscher Kulturkritik begleitet, die das durch industrielle Fertigung preiswerte Produkt bis heute mit Kitsch-Verdacht belegt hat. Eröffnung: Do, 10. Januar, 19 Uhr, Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, Di – So 10 – 18, Do bis 21 Uhr. Bis 17. März. www.mkg-hamburg.de

Nachtmahre und Ruinenengel – Hamburger Kunst 1920 bis 1950: Zum fünfzigsten Jubiläum des Kunsthauses Hamburg werden Werke aus der Sammlung Maike Bruhns gezeigt. Die Kunsthistorikerin forscht seit 30 Jahren über die Zerschlagung der vor 1933 aktiven Hamburger Kunstszene durch die Kunst- und Künstlerverfolgung der nationalsozialistischen Diktatur. 150 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Grafiken von rund 80 Künstlerinnen und Künstlern geben eine Vorstellung von der einst so lebendigen Szene, ihrem nach 1945 zaghaften Wiedererstehen und der Gründung des Berufsverbandes Bildender Künstler, der auch heute noch das Kunsthaus wesentlich mitträgt. Eröffnung: Mo, 14. Januar, 19 Uhr, Kunsthaus Hamburg, Klosterwall 15, Di – So 11 – 18 Uhr. Bis 1. April. www.kunsthaushamburg.de

Max Pechstein auf Reisen – Utopie und Wirklichkeit: Von der Ostsee bis zur Südsee: Auf rastlosen Reisen suchte er ein naturnahes, „unverfälschtes“ Leben. Zwanzig Ölbilder und etwa neunzig Papierarbeiten, darunter bisher kaum gezeigte Tagebuchskizzen und Notizen, lassen erahnen, wie unruhig umhergetrieben der deutsche Expressionist (1881 – 1955) lebte, um seine Kunst produzieren zu können. Von der Kurischen Nehrung bis Monterosso al Mare in Ligurien, von den Palau-Inseln im Südpazifik bis zum Ostseebad Leba, Genfer See, Südfrankreich, Bornholm: Überall findet er Anregungen, aber nirgends fühlt er sich wohl. Erst im Spätwerk als Professor in Berlin nach dem 2.Weltkrieg malt er in ruhigerem Duktus die Südsee wie einen verlorenen Traum. Do, 10. Januar, 17.30 Uhr: Julia Pechstein berichtet über die Ostsee-Reisen ihres Großvaters. Die Lesung aus den Tagebüchern und Briefen ermöglicht einen privaten Einblick in das Leben Pechsteins. Die ausgestellten Werke werden in den Vortrag eingebunden und durch historische und aktuelle Fotografien ergänzt. Kunsthaus Stade, Wasser West 7, Di – Fr 10 – 17, Sa + So 10 – 18, Mi bis 19 Uhr. Ausstellung noch bis 20. Januar 2013. www.museen-stade.deHAJO SCHIFF