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Archiv-Artikel

Sheriff von Warschau wird Polens Präsident

Lech Kaczyński: Vom Kinderstar auf der Leinwand zum nationalkonservativen Saubermann auf der Politikbühne

Als Ende 1981 das Kriegsrecht in Polen gilt, wird auch LechKaczyński für ein Jahr interniert

WARSCHAU taz ■ Lech Kaczyński, bislang Oberbürgermeister von Warschau, ist bei der Stichwahl am Sonntag zum neuen Staatspräsidenten Polens gewählt worden. Der 56-jährige Juraprofessor kündigte eine „moralische Revolution“ an und will auf den Trümmern der heutigen III. Republik die IV. Republik errichten.

Berühmt wurde Lech Kaczyński schon als Zwölfjähriger. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Jarosław spielte er Lausbubenstreiche im Film „Die zwei, die den Mond stahlen“. Statt eine Leinwandkarriere weiter zu verfolgen, studierten die Brüder Rechtswissenschaft, Jarosław in Warschau und Lech in Danzig. Dort schloss er sich der Gewerkschaftsbewegung Solidarność an und wirkte als Verbindungsmann zu den Oppositionskreisen in Warschau.

Als General Jaruzelski Ende 1981 das Kriegsrecht über Polen verhängte und führende Solidarność-Mitglieder verhaftete, wird auch Lech Kaczyński für ein Jahr interniert. Nach seiner Freilassung schließt er sich dem Arbeiterführer Lech Wałesa an, führt dessen inoffizielles Büro und bereitet 1988 die Gespräche mit der Kommunistischen Partei am runden Tisch vor. Sie führen 1989 zum Macht- und Systemwechsel in Polen.

Doch mit der so genannten III. Republik kommen die Kaczyński-Brüder nicht mehr klar. Zwar ziehen beide Brüder in das Parlament ein. Doch sie überwerfen sich mit Lech Wałesa und kämpfen fortan im „Krieg an der Spitze“ erbittert gegen ihn.

Lech Kaczyński kann sich immerhin als Chef der Obersten Kontrollkammer, dem polnischen Rechnungshof, noch einige Meriten verdienen, doch scheitert er 1995 als Präsidentschaftskandidat gegen Lech Wałesa und Aleksander Kwasńiewski. Fünf Jahre später folgt er jedoch dem Ruf des konservativen Premiers Jerzy Buzek, in seiner Regierung Justizminister zu werden. Mit seinen „Law and Order“-Auftritten, der Forderung nach einem schärferen Strafrecht erwirbt er sich bald den Ruf eines seltenen Saubermanns.

Zusammen mit seinem Bruder gründet er die nationalpopulistische Partei „Recht und Gerechtigkeit“. Ein Jahr später zieht er als „Sheriff von Warschau“ ins Rathaus der Hauptstadt ein. GABRIELE LESSER