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Archiv-Artikel

„Die Politik hat es vergeigt“

FLUGHAFEN Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop hält am Misstrauensvotum gegen Klaus Wowereit fest, obwohl Rot-Schwarz den Regierenden stützt. Sie meint: Ein Aufsichtsrat aus Fachleuten soll den BER aus der Krise führen

Ramona Pop

■ 35, leitet mit Antje Kapek die Fraktion der Grünen im Abgeordnetenhaus. Die Langfassung des Interviews steht auf taz.de/berlin.

INTERVIEW STEFAN ALBERTI

taz: Frau Pop, SPD und CDU haben sich klar hinter Klaus Wowereit gestellt – wollen Sie da das Misstrauensvotum nicht noch abblasen?

Ramona Pop: Ich bin schon gespannt, wie die Abgeordneten von CDU und SPD begründen wollen, dass sie Klaus Wowereit in dieser Lage noch das Vertrauen aussprechen.

Hatten Sie denn echt Hoffnung auf Hilfe aus SPD oder CDU? Die Abstimmung ist doch offen – einen „Heidemörder“, wie er einst in geheimer Wahl die Ministerpräsidentin Simonis zu Fall brachte, könnte es nicht geben.

Hintenrum auf einen solchen „Heidemörder“ zu vertrauen ist gar nicht die Frage, selbst wenn die Verfassung keine offene Abstimmung vorschreiben sollte. Wir sind als Opposition in der Pflicht, an die Verantwortung jedes einzelnen in der SPD- und der CDU-Fraktion gegenüber seinen Wählern zu appellieren.

Es gibt Kritiker, die sagen, dass Ihr Misstrauensantrag kontraproduktiv sei: Er schweiße die Koalition eher zusammen.

Mit Taktieren muss irgendwann mal Schluss sein, auch in der Politik. Irgendwann geht es dann doch um Verantwortung. Nämlich um die Verantwortung zu sagen: bis hierher und nicht weiter. Unabhängig von Bedenken, dass ein Misstrauensantrag möglicherweise die andere Seite enger zusammenrücken lässt.

Und wenn der Misstrauensantrag doch erfolgreich wäre: Wie ginge es weiter? Nur einen neuen Regierungschef bestimmen oder gleich die Neuwahl des Parlaments?

Wenn Wowereit zurücktritt oder abgewählt wird, muss Berlin entscheiden können, wer den Neuanfang übernimmt. Neuwahlen sind dann die klügste Lösung.

Sie wollen definitiv Neuwahlen und stünden nicht bereit, einzuspringen, falls eine links dominierte SPD ohne Wowereit mit der CDU brechen will?

Ich sehe nicht, dass das ein Thema ist.

Sie haben Wowereit klares Versagen als Aufsichtsratschef vorgeworfen. Was hätten Sie denn anders gemacht?

Über die Jahre betrachtet gibt es viele grundlegende Fehler, die der Aufsichtsrat zu verantworten hat, vor allem bei den strategischen Grundlinien.

Welche genau?

Zum einen ist da die Frage der Konstruktion und der Planung, die immer wieder geändert wurde. Als Aufsichtsrat, der in jeder Sitzung zig Umplanungen genehmigt, hätte man sich irgendwann mal fragen müssen: Bleibt man im Zeit- und Kostenplan? Und was noch?

Der Aufbau der Flughafengesellschaft. Da ist doch kein vernünftiger Vorstand, keiner, der für Finanzen zuständig ist, noch nicht mal die Frage der Bauherrenschaft ist geklärt. Dann ist da die Frage, ob man nicht doch mit einem Generalunternehmer hätte arbeiten sollen, den man jetzt in die Haftung hätte nehmen können. Aber nein: Man wollte lieber selber Bauherr sein.

Nun wird Matthias Platzeck Chef des Aufsichtsrats.

Ich habe das zuerst für einen Witz gehalten. Es bleiben doch die gleichen Personen im Aufsichtsrat. Das ist nicht die Lösung, die einen Neuanfang auf der Baustelle bringen kann.

Was würden Sie denn ändern?

Es wäre jetzt an der Zeit, einen klaren Schnitt zu machen, Geschäftsführung und Aufsichtsrat komplett auszutauschen und als Aufsichtsratschef einen echten Experten einzusetzen.

Wollen Sie da wirklich einen politikfernen Fachmann? Dann ist die politische Ebene doch nicht mehr am Drücker.

Man muss schlicht sagen, dass die Politik, die in den letzten Jahren am Drücker gewesen ist, es komplett vergeigt hat.

Das könnten die Neoliberalen von der FDP auch sagen.

Ich sage nicht allgemeingültig, dass die Politik es nicht kann. Aber für dieses Projekt – ich betone: für dieses eine Projekt – muss man das in aller Nüchternheit feststellen: Wenn wir das noch zu einem vernünftigen Ende führen wollen, brauchen wir Leute, die unbelastet sind. Die, die da seit Jahren sitzen, müssten bei dem nötigen Richtungswechsel eingestehen, dass sie alles falsch gemacht haben.