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leserinnenbriefe

Chancengleichheit

betr.: „Schullandheim? So yesterday“, taz vom 6. 11. 15

In Zehlendorf und Dahlem oder anderen bildungsbürgerlichen Bezirken in Berlin sind inzwischen Klassenreisen ins Ausland, besonders bei Leistungskursen, nichts Ungewöhnliches. Die Erfahrung einer anderen Kultur, und sei diese nur kurz, ist für die Jugendlichen eine prägende Erinnerung und lässt sie eigene Ansichten relativieren. Das kann eigentlich nur im Sinne von Schule sein.

Was für Jugendliche mit Eltern, die das finan­zieren können, möglich ist, sollte auch Jugendlichen ermöglicht werden, deren Eltern solche Reisen und Auseinandersetzungen nicht finanzieren können. Das entspricht doch im Prinzip der Chancengleichheit bei der Bildung. Insbesondere, wenn es sich um einen Leistungskurs in Englisch handelt, was ja bedeutet, dass diese Schüler besonders engagiert sind, die Sprache zu lernen, und hier auch gute Leistungen erbringen. Das ist bei Jugendlichen aus bildungsfernen Haushalten – ich gehe davon aus, dass es sich bei der Klasse der Kreuzberger Schule um solche handelt, wenn sie alle Anrecht auf die Bildungsgutscheine haben – eher selten und wurde offensichtlich von dem zuständigen Lehrer auch gewürdigt.

Immer wieder wird davon berichtet, dass die Mittel für die Bildungsgutscheine, die Frau von der Leyen ja einführte, um Chancengleichheit zu erhöhen, nicht entsprechend genutzt werden und verfallen. Auch hier finde ich es kreativ von dem Lehrer, organisiert diese Mittel zu beantragen, um den Jugendlichen eine Auslandsklassenreise zu ermöglichen.

Nun ist es sicher richtig, dass eine Summe von 2.500 Euro pro Person für eine Woche New York hoch gegriffen erscheint, wenn es schon Flüge für 600 Euro gibt und Hostels selbst in New York nicht Vier-Sterne-Hotel-Preise haben. Das stellt aber den Sinn einer solchen Reise mit Finanzierung durch öffentliche Mittel aus meiner Sicht nicht grundsätzlich in Frage.

Schade, dass der Kreuzberger Rektor offensichtlich auch nicht viel weiter gedacht hat, wenn er sich öffentlich entschuldigt für etwas, was Teil seines Auftrages ist. Ihre Argumentation ist für mich in etwa auf der Höhe der Kritik, dass Flüchtlinge Handys haben und deshalb vielleicht keine „richtigen“ Flüchtlinge sein könnten. Barbara Kloss-Quiroga, Berlin

Schuld ist die SPD

betr.: „Müller fordert CDU zur Flucht auf“, taz vom 13. 11. 15

Was ist das nur für ein „Affentheater“ im Berliner Abgeordnetenhaus? Die flammende Rede des Regierenden Bürgermeisters Müller zur Flüchtlingskrise in der deutschen Hauptstadt lenkte doch nur von den eigentlichen Ursachen dieser Entwicklung ab. Fakt ist doch, dass vor allen Dingen die SPD unter Klaus Wowereit Schuld an der prekären personellen Situation in den Berliner Behörden ist! Man hat sich quasi totgespart, und das lange bevor die Flüchtlinge nach Berlin kamen. Eine vernünftige Verwaltung (siehe Überlastung der Bürgerämter) zum Wohle der Bürgerinteressen findet kaum noch statt, Kontrollfunktionen des Staates werden kaum oder nur noch mangelhaft erfüllt.

Das Flüchtlingsproblem wird man auch mit ein paar zusätzlichen Stellen oder einer Reaktivierung von Pensionären nicht mehr in den Griff bekommen, denn der Zug ins vollständige Chaos ist nicht mehr aufzuhalten! Außerdem haben wir in der Hauptstadt noch das Problem der viel schlechteren Bezahlung der Beamten als im übrigen Bundesgebiet. Als pensionierter Beamter würde ich mich einer Reaktivierung deshalb entschieden widersetzen!

Thomas Henschke, Berlin

Rechtsextreme Polizei

betr.: „Nazi-Skandale in der Berliner Polizei: Hitlergruß aus der Wache“, taz vom 17. 11. 15

Ich mag mir gar nicht vorstellen, was alles passieren kann, wenn so ein rechtsextremer Polizeibeamter, der nach Ansicht des Polizeipräsidenten die „Mitte der Gesellschaft“ repräsentiert, während einer Nachtschicht mit einem betrunkenen farbigen Ausländer konfrontiert wird, den man beschuldigt, eine deutsche Frau angemacht zu haben, und der zur Ausnüchterung in eine Zelle im Keller gesperrt wird, zu der dieser Polizeibeamte allein Zutritt hat.

mowgli,taz.de