WANDERRATTE SCHLÄGT HAUSRATTE
: Evolutionäre Scharmützel im Untergrund

In Berliner Kellern, Rohren und Biotonnen tobt ein Überlebenskampf. Rattus rattus, die Hausratte, scheint ihre exzellente Ausgangsposition im Evolutionsspiel an die Wanderratte – Rattus norvegicus – abgegeben zu haben. Selbst auf der Roten Liste ist die Hausratte schon gelandet. Das hat schlimme Folgen, auch für Mensch und Katze.

Vor allem in Berlin fühlt sich die aus Nordasien stammende Wanderratte sehr wohl. Gegen ihren kräftigen Körper, die bessere Wetterbeständigkeit und den größeren Kampfgeist hat die zierliche Hausratte wenig auszurichten. Auch Katzen bekommen immer öfter zu spüren, dass die wehrhafte Wanderratte weder Spielzeug noch leicht zu erlegende Zwischenmahlzeit ist.

Wanderratten tragen ihren Namen zu Recht: Sie reisen auf den Weltmeeren umher und verlassen gern Schiffe, allerdings keine sinkenden. Vielleicht mögen sie deshalb Berlin so gern.

4.950 Rattenbekämpfungsmaßnahmen gab es 2012 – bis Ende Oktober – in Berlin, so die Gesundheitsverwaltung auf eine Anfrage der CDU. Knapp am Rekord vorbei: Nur 2008 waren es mit 5.376 Fällen mehr Aktionen. Die hohe Zahl erklärt Silvia Kostner vom Landesamt für Gesundheit mit gestiegener Aufmerksamkeit infolge der Wiedereinführung der Meldepflicht im Sommer 2012. „Jeder Bürger hat die Pflicht, Ratten zu melden, die er sieht“ sagt Kostner.

„Der Hausrattenbefall ist fast auf null zurückgegangen“, fasst Mario Heising vom Berliner Schädlingsbekämpferverband den Kampf zwischen Wander- und Hausratte zusammen. Rattus norvegicus komme vor allem durch die Kanalisation. „Im Boden liegt immer noch die alte Schiete drin“, kritisiert Heising den schlechten Zustand der Rohre. Und dank eines Überangebots an Nahrung werde auch der Geschmack der Tiere immer exklusiver, was ständig neue Köder-Ideen erfordere.

Auch wenn R. norvegicus R. rattus bald erledigt haben dürfte: Dank Meldepflicht und Kammerjäger wird es in Kellern und Kanalisation nicht langweilig. JÖW