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Vitali Klitschko behält die Oberhand

Ukraine Exboxweltmeister wird bei den Kommunalwahlen als Bürgermeister von Kiew bestätigt

Bleibt Bürgermeister von Kiew: Vitali Klitschko Foto: Roamn Pilipey/dpa

KIEW taz | Als einer der ersten von landesweit 29 Kandidaten freute sich Vitali Klitschko, amtierender Kiewer Bürgermeister, am Sonntagabend über seinen Sieg bei den Stichwahlen zum Bürgermeister von Kiew. Dass dieses Ergebnis so früh feststand, dürfte aber auch einem wenig schmeichelhaften Umstand zu verdanken sein. Viel zu zählen gab es nicht. Mit einer Wahlbeteiligung 28,35 Prozent lag die Hauptstadt sogar noch unter dem sensationell niedrigen landesweiten Wert von 34 Prozent.

Mit 66,5 Prozent der Stimmen lag Klitschko klar vor seinem Herausforderer, dem Nationalisten Borislaw Beresa. Beresa war noch vor einem Jahr Pressesprecher des Rechten Sektors. Ihm stellte Klitschko noch am Wahlabend einen Posten in der städtischen Administration in Aussicht. Einzige Bedingung: Beresa müsse sein Mandat als Parlamentsabgeordneter niederlegen. Auch Klitschkos Parteichef, Präsident Petro Poroschenko, hat allen Grund zur Freude. In sieben Städten entschied seine Partei „Solidarität“ die Stichwahlen für sich. Damit ließ die Poroschenko-Partei alle anderen Konkurrenten weit hinter sich. Der „Oppositionsblock“, der an zweiter Stelle liegt, konnte nur in drei Städten seine Kandidaten durchsetzen.

Der Gewinner der Stichwahl in Dnipropetrowsk, der viertgrößten Stadt der Ukraine, heißt Boris Filatow. Er ist Weggefährte des Oligarchen Ihor Kolomojskyj. Mit 62 Prozent besiegte er seinen Widersacher, Alexander Wilkul, vom „Oppositionsblock“. Wie im ersten Wahlgang hatten Wahlbeobachter und Medien auch bei der Stichwahl Unregelmäßigkeiten und Übergriffe fixiert. So waren in Kramatorsk am Sonntagabend acht Mitglieder der Wahlkommission eine Stunde spurlos verschwunden. In Poltawa wurden Mitglieder der Wahlkommission von Unbekannten mit Farbe bespritzt. In Nikolajew hatte ein Fahrer mit einem Luftgewehr vier Wahlbeobachter verletzt, als diese von ihm wissen wollten, warum er den ganzen Tag Wähler zum Wahllokal chauffiere.

Mehrfach, so die Wahlbeobachterorganisation „Opora“, habe man beobachtet, wie Wähler ihren Stimmzettel fotografiert hätten. Insgesamt jedoch hätten die dokumentierten Unregelmäßigkeiten und Fälschungen keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt.

Angesichts der niedrigen Wahlbeteiligung wird bereits jetzt über eine Änderung der ukrainischen Wahlgesetzgebung nachgedacht. Am Wahl­abend fragte sich Michail Ochendowskij, Chef der Zentralen Wahlkommission, ob es nicht besser wäre, die Stichwahlen abzuschaffen. Derzeit ist eine Stichwahl in Städten mit mindestens 90.000 Einwohnern verpflichtend, wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhält.

Nachvollziehbar seien diese Überlegungen, legt die Journalistin Anastasija Rjabokon in der in Kiew erscheinenden Komsomolskaja Prawda nach. Bei einer derart niedrigen Wahlbeteiligung seien die Bürgermeister in der Stichwahl von gerade einmal 15 Prozent der Bevölkerung gewählt worden. Das sei kein Vertrauensbeweis.

Landesweit lag die Wahlbeteiligung nur bei 34 Prozent

Am 29. November wird in Mariupol und Krasnoarmeisk nachgewählt. In Mariupol war der erste Wahlgang am 25. Okto­ber verschoben worden, weil sich die örtliche Wahlkommission geweigert hatte, die Stimmzettel von der Druckerei entgegenzunehmen. Dort hatten Mitglieder der Kommission bei deren Abholung festgestellt, dass einige Pakete geöffnet ­waren und mehrere Wahlzettel auf dem ­Boden gelegen hatten. In ­Krasnoarmeisk hatte sich die Wahlkommission geweigert, die Stimmzettel an die Wahllokale weiterzuleiten.

Bernhard Clasen

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