„Fürst“ Schwarzenberg schafft es in die Stichwahl

TSCHECHIEN Ergebnis der Präsidentenwahl überrascht. Gegner Zeman steht jetzt auf verlorenem Posten

AUS PRAG ALEXANDRA MOSTYN

Schon in seiner ersten kurzen Dankesrede warf Karel Schwarzenberg ihm den Handschuh hin. „Milos Zeman“, forderte er den Rivalen heraus, „ist ein Mann von gestern.“ Niemand, am wenigsten Schwarzenberg selbst, hatte damit gerechnet, dass er nach dem ersten Wahlgang dem erklärten Favoriten Zeman so dicht auf den Fersen sein würde. Noch Mitte vergangener Woche hatte Schwarzenberg laut Umfragen mit 11 Prozent auf dem vierten Platz gelegen.

Jetzt sieht alles ganz anders aus. Nur 41.000 Stimmen trennen Schwarzenberg von Wahlsieger Zeman, genau 0,81 Prozentpunkte. Die wird er in den Stichwahlen in zwei Wochen locker aufholen. Zum einen wird er viele Wähler anziehen, die im ersten Wahlgang anderen Kandidaten ihre Stimme gegeben haben wie dem farblosen Jan Fischer oder dem ganzkörpertätowierten Künstlers Vladimír Franz, der nur einen Achtungserfolg erzielte. „Am wichtigsten für mich ist, dass es mir gelungen ist, die Bürgergesellschaft anzusprechen“, kommentierte Franz sein Wahlergebnis.

Popstar der Wahl

Die Bürgergesellschaft hat in diesen historisch ersten direkten Wahlen aber vor allem für Schwarzenberg gestimmt. Der Fürst hat in seiner hervorragend organisierten Wahlkampagne, die den 75-jährigen altböhmischen Adligen zum punkigen Popstar der Präsidentenwahl stilisiert hat, die Hoheit über die sozialen Netzwerke errungen. Unterstützt von sämtlichen ehemaligen Mitstreitern des verstorbenen Dichterpräsidenten Václav Havel, hat Schwarzenberg vor allem junge Leute angesprochen. Dass ihn über die Hälfte der Prager wie auch der Auslandstschechen gewählt hat, überrascht nicht weiter. Umso mehr aber seine Stimmenmehrheit in 7 von 13 großen Kreisstädten. Selbst auf dem Land, in den Hochburgen Milos Zemans, hat Schwarzenberg gepunktet. Im Wahlkreis rund um seinen Stammsitz Orlík erhielt er zum Beispiel 42,2 Prozent der Stimmen.

Aber Schwarzenberg hatte noch einen ganz großen Wahlhelfer, einen, der ihn eigentlich als „untschechisch“ verabscheut: Präsident Václav Klaus. Nachdem der am Neujahrstag anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Tschechischen Republik eine Jubiläumsamnestie erlassen hatte, die nicht nur Kleinkriminelle laufen ließ, sondern die berüchtigtsten Wirtschaftskriminellen der letzten zehn Jahre über Nacht zu unbescholtenen Bürgern machte, begann die Präferenz der Wähler für Schwarzenberg zuzunehmen. Denn mit seiner Amnestie hat Klaus nicht nur 80 Prozent der Tschechen geschockt. Klaus hat ihnen auch gezeigt, dass es gut ist, dass seine Zeit vorbei ist. Kein anderer der insgesamt acht Kandidaten des ersten Wahlgangs stand so prominent für einen Schlussstrich unter die Ära Klaus wie Karel Schwarzenberg.

Vor allem nicht Milos Zeman. Der ehemalige Ministerpräsident wird es trotz seines volkstümlichen Gehabes nicht schaffen, mehr als 25 Prozent der Wähler zu mobilisieren. Für die jüngere Generation ist er absolut unwählbar. Zu sehr ist Zeman mit Václav Klaus verbunden, mit dem er sich von 1996 bis 2002 die Macht im Staat teilte.

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