: AMERICAN PIECenter mit Seuche
„So was passiert nun mal im Sport.“ Paul Allen, Besitzer der Portland Trail Blazers, fand relativ nüchterne Worte für die überdimensionale Portion Pech, die sein Center Greg Oden sein Eigen nennen darf (oder eher muss). Im Spiel gegen die Houston Rockets vor wenigen Tagen knickte Oden beim Blockversuch um und riss sich dabei die fragile Patellasehne – das vorzeitige Saisonende des 21-Jährigen, der mit seinem zerfurchten Gesicht so gar nicht aussieht wie ein junger Mann und ob ebenjenes äußerlichen Erscheinungsbildes mitunter scherzhaft auch „Grampa“ genannt wird – Opa.
„Natürlich bin ich enttäuscht und traurig, weil ich so hart an meinem Comeback gearbeitet habe“, so Oden. Tatsächlich hat der Center, der mit großen Lobeshymnen und Prophezeiungen einer meritenreichen Zukunft in die National Basketball Association gekommen ist, was Blessuren betrifft, schon einiges hinter sich.
„So einen Spieler gibt es nur einmal in einem Jahrzehnt“, hallte es schon zu Odens High-School-Zeiten durch die Führungsetagen der NBA-Klubs. Portland machte im Draft 2007 letztendlich das Rennen – in der Hoffnung, auf dem mit hochklassigen Spielern nicht gerade üppig bestückten Center-Markt über Jahre einen wahren Trumpf entdeckt und ihn für die eigenen Reihen gesichert zu haben. Schon zu diesem Zeitpunkt standen jedoch zumindest kleine Fragezeichen hinter Odens Gesundheit: Auf dem Ohio State College plagte ihn über längere Zeit eine Handgelenksverletzung. Während der Vorbereitungsspiele zu seiner Einstands-Saison in der NBA wurden ihm die Mandeln entfernt. Kurz vor Start der Spielzeit kam dann endgültig Ernüchterung auf: Oden musste wegen einer schweren Knieoperation die Saison 2007/08 komplett aussetzen. „Greg und seine Mutter sahen mich bei einem Besuch kurz nach der OP an, und sie entschuldigten sich ungefähr 20-mal“, erinnert sich Portlands General Manager Kevin Pritchard.
Mit einem Jahr Verspätung gab es im letzten Spieljahr den Einstand – unter reduzierter Spielzeit, um langsam an die Liga herangeführt zu werden. In seinem nun eigentlich dritten Jahr sollte schlussendlich der Durchbruch folgen. In den ersten Wochen zeigte der 2,13-Meter-Mann in der Tat ansprechende Leistungen, galt als Kandidat für den Titel „Most Improved Player of the Year“, der jedes Jahr dem statistisch und spielerisch am meisten verbesserten Korbjäger zuteil wird.
Dann kam das Spiel gegen Houston und stoppte Oden erneut in seiner Entwicklung. „Ich möchte den Fans, dem Team und allen bei den Blazers einfach nur für die Unterstützung und die vielen guten Wünsche danken“, entschuldigte sich Oden fast schon für seine erneute Verletzung. Er weiß um die Parallelen, die nun wieder zu einer Klublegende gezogen werden: Bill Walton, ebenfalls Center, ebenfalls mit wolkenkratzerhohen Erwartungen 1974 in die NBA gekommen, hatte eine beispiellos von Verletzungen durchzogene dreizehnjährige Karriere, in der er nur knapp 44 Prozent der möglichen Spiele absolvieren konnte.Walton war jedoch – wenn unversehrt – tatsächlich einer der besten Akteure der Liga, weswegen er Jahre später auch mit in die Riege der „50 besten Spieler aller Zeiten“ gewählt wurde.
Ob Oden verletzungs- oder erfolgsmäßig Walton nachfolgt, bleibt abzuwarten. „Man muss in solchen Situationen einfach positiv denken – wir haben ja auch keine andere Wahl“, so Nate McMillan, der Coach der Blazers, in einer Mischung aus echtem und erzwungenem Optimismus zum neuerlichen Ausfall seines Centers. „Es wird natürlich schwer. Aber so ist das Leben. Und wir müssen uns auf die Zukunft konzentrieren.“ Oder, wie Paul Allen, der Klubbesitzer, sagt: „So etwas passiert nun mal im Sport.“
DAVID DIGILI