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Archiv-Artikel

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Eigentlich sollte die Welt selbst diese Bühne sein: die Bühne für Menschenrechte nämlich. Aber wie man weiß: Sie ist es nicht. Und so müssen wir einstweilen mit dem Theater vorliebnehmen. Daher hat eine Initiative aus Schauspielerinnen und Schauspielern, Musikerinnen und Musikern die „Bühne für Menschenrechte“ gegründet. Gemeinsam wollen die Aktionisten sich mit Hilfe der darstellenden Kunst öffentliche Aufmerksamkeit für aktuelle Menschenrechtsfragen herstellen. Im Heimathafen Neukölln kommt nun das erste Projekt der Initiative zur Aufführung: das Dokumentartheaterstück „Asylmonologe“, das schon in 55 Städten zu sehen war. Der Abend beruht auf Gesprächen mit Menschen, die fliehen und Grenzen überwinden mussten, weil sie verfolgt oder anderweitig bedroht worden sind (Heimathafen Neukölln: Asylmonologe. Ab 19. 1., 19.30 Uhr).

Sehr oft ist es die einfache Sehnsucht nach Freiheit, die Menschen auf die Suche nach einer besseren Zukunft aufbrechen und zu Migranten werden lässt. Was soll man da von einer Veranstaltung halten, die mit „Fucking Liberty!“ überschrieben ist und heute Abend in der Volksbühne Premiere hat? Ulli Lommel, der Schöpfer des Abends, ist Jahrgang 1944 und eine Art Altachtundsechziger aus dem Umfeld des Neuen Deutschen Films. Wikipedia zufolge war Lommel einst auch mal mit einer Ex von Jean-Luc Godard zusammen. 1977 ist er dann nach Amerika gezogen, wo er eine Ölerbin geheiratet hat. Die Freiheit, die er uns also jetzt madig machen will, hat er selbst bereits ausgiebig genossen. Seine Erfahrungen mit der Geliebten und schillernden Hure „Erika Amerika“ bilden jetzt natürlich die Basis des Volksbühnenabends, wie uns die blumige Ankündigungsprosa aus der Volksbühnendramaturgie glaubhaft versichert, wo man die USA bereits auf dem Weg wähnt, eine Art bessere DDR zu werden. (Volksbühne: Fucking Liberty, Ab Donnerstag 19.30 Uhr)

Im Rixdorfer Jazzsalon der kleinen Galerie Bauchhund – (deren Name ein Anagramm aus dem Wort „Buchhandlung“ ist, was in alten Lettern über dem Laden geschrieben stand, bevor Christoph Böhm dort mit seiner Galerie eingezogen ist) – dort also kann man am Samstag die niederländische Sängerin Flavia mit ihrem Programm „Love, Death and Vegetables“ erleben, deren finster-melancholische Lieder für Klavier und Akkordeon ein faszinierendes Referenzspektrum haben: von Erik Satie bis zum von Bert Brecht inspirierten Riot-Punk-Cabaret-Style der Bostoner Formation „The Dresden Dolls“. (Galerie bauchhund: Love, Death and Vegetables. 19. 1., 20.00 Uhr)

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