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Archiv-Artikel

Gullivers Schlaraffenland

Von PS

Mit einer deutsch-persischen Lesung und etlichen deutsch-russischen Projekten geht das interkulturelle Festival „eigenarten“ in seine zweite Woche; am auffälligsten gestaltet sich wohl jene treffend ins Bild gesetzte Fremdheit, die Lotte Llacht und Tatjana Friebus in ihrem russisch-deutschen Theaterstück Tut Tam Tut („Hier dort hier“) in Szene setzen: Wie ein Liliputaner im Reich des Gulliver fühlt sich da der Einwanderer. Verzerrt und völlig unverständlich wirken vorgefundene kulturelle Codes; mühsam nur kann der Einwanderer Platz nehmen am Tisch des vermeintlichen Schlaraffenlandes: Tschechow trifft HipHop, Alltagslyrik kokettiert mit Ausdruckstanz.

Anna Achmatovas Poem ohne Held haben sich Julia Gille und Ljudmyla Vasyljeva in einer szenischen Lesung angenommen. Zwischen Oktoberrevolution, dem Zweiten Weltkrieg, Stalins Terror und Chruschtschows Tauwetter changiert das Triptychon, das Alltägliches als Indiz von Weltgeschichte begreift.

Und schließlich wird es eine Begegnung mit dem aus Russland stammenden, inzwischen in Hamburg lebenden Komponisten Viktor Suslin geben, der über seine musikalische Entwicklung während der Breschnjew-Ära, seine Emigration und seinen westdeutschen Alltag berichtet. Krönung des Abends werden kammermusikalische Kostproben Suslin‘scher Werke sein. PS

Das Festival dauert bis zum 6.11. www.festival-eigenarten.de