: Firmen sollen weniger Steuern zahlen
SPD und Union gaben gestern bekannt: Sie wollen die Körperschaftsteuer bis 2008 reduzieren. Eine höhere Mehrwertsteuerist formell noch nicht beschlossen. Dafür einigten sich die Parteien, jungen Eltern für ein Jahr einen Lohnersatz zu zahlen
AUS BERLIN HANNES KOCH UND COSIMA SCHMITT
Die Steuern für Unternehmen sollen 2008 gesenkt werden. Das haben Union und SPD bei ihren Verhandlungen über die Große Koalition beschlossen. Nach Informationen der taz sinkt der Satz der Körperschaftsteuer, den beispielsweise Aktiengesellschaften auf ihre Gewinne zahlen, dann von 25 auf 19 Prozent.
Die SPD hat dafür plädiert, die niedrigere Unternehmensteuer schon 2007 einzuführen, konnte sich bei der Union aber nicht durchsetzen. Bis 2008 soll eine umfassende Reform der Unternehmensteuer erfolgen. Das Ziel ist es, Kapitalgesellschaft (Konzerne) und Personengesellschaften (Mittelstand) einheitlich zu besteuern. Heute gelten für Letztere noch etwas höhere Sätze. Ob Union und SPD die gesamte Einkommensteuer auf die „duale Besteuerung“ umstellen, bei der für Einkommen aus Kapital niedrige und Arbeit höhere Sätze gelten, ist bislang ungewiss.
Die Steuer bei der Vererbung von Betrieben soll schon 2007 sinken. Um die Übergabe von Firmen an die Nachfolger zu erleichtern, hatten Union und SPD dies bereits beim Jobgipfel im Frühjahr beschlossen. Die Steuer wird erlassen, wenn der Betrieb zehn Jahre lang vom Erben nicht verkauft wird.
Zur Erhöhung der Mehrwertsteuer sagte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), endgültige Festlegungen sollten erst am Ende der Verhandlungen getroffen werden. „Es lohnt sich nicht zu verhehlen“, so Koch aber, „dass es am Ende wahrscheinlich einen solchen Bedarf gibt, insbesondere wenn man Lohnnebenkosten senken und andere Maßnahmen durchführen will.“
Als Chefverhandler der Union in Sachen Finanzen hat Koch den Einsparbedarf bis zum Haushalt 2007 gestern auf 43 Milliarden Euro beziffert – ein Warnschuss. Denn das sind acht Milliarden mehr als bisher angenommen. Der Zuwachs würde zustande kommen, wenn zusätzliche Aufgabewünsche der Verhandler, wie zum Beispiel eine bessere Abschreibung von Firmen, schließlich beschlossen würde.
Unterdessen einigten sich gestern die Familien-Experten von SPD und Union auf ein Pilotprojekt: Sie wollen ab 2008 ein einkommensabhängiges Elterngeld einführen. Es soll das heutige Erziehungsgeld ersetzen. Wer nach Geburt eines Kindes im Job pausiert, erhält ein Jahr lang 67 Prozent seines letzten Einkommens als Lohnersatz vom Staat. Maximal sollen 1.800 Euro monatlich gezahlt werden. Das Mutterschaftsgeld wird angerechnet.
Die Befürworter des Elterngeldes erhoffen sich dreierlei Effekte: Das Elterngeld soll gerade Gutverdienern die Entscheidung für ein Kind erleichtern. Es mindert das Dilemma, dass Familien gerade dann deutlich weniger Einkommen haben, wenn die Kosten rasant steigen – nämlich nach der Geburt eines Kindes. Zudem soll es Mütter anregen, statt einer dreijährigen Babypause für genau ein Jahr aus dem Berufsleben auszuscheiden. Nach der kurzen Frist gelingt eher der Wiedereinstieg, so die Idee. Auch hoffen die Elterngeld-Anhänger, eine gängige Praxis zu durchbrechen: Nach einer Geburt steigt fast immer Sie aus dem Beruf aus – auch, weil Männer nach wie vor im Schnitt mehr verdienen als Frauen. Eine Lohnersatz-Zahlung würde die Logik entkräften, das sich die Familie einen Vollzeit-Vater gar nicht leisten kann.
Das Votum pro Elterngeld ist ein letzter Erfolg der scheidenden Familienministerin Renate Schmidt (SPD). Sie hatte im Wahlkampf für die Novelle nach skandinavischem Vorbild geworben. Allerdings hatte sie auch betont, dass zunächst der Kita-Ausbau voranschreiten müsse.
Doch die Vision Elterngeld ist umstritten. Kritiker halten es für sozial ungerecht – weil ehemals Gutverdienende mehr erhalten als die pausierende Putzhilfe oder Verkäuferin. Überdies ist unklar, ob das Elterngeld überhaupt finanzierbar sein wird. Immerhin würde es den Staat jedes Jahr brutto zusätzliche 1,5 Milliarden Euro kosten.