: Schröders Versöhnung mit Lafontaine
Die Los Angeles Lakers steigen erfolgreich in die NBA-Saison ein. Das Zweckbündnis zwischen Coach Phil Jackson und Korbjäger Kobe Bryant beschert den Kaliforniern einen 99:97-Auswärtssieg über die Denver Nuggets
Kobe Bryant und Phil Jackson unterhalten eine Beziehung, die der von Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine nicht unähnlich ist. Verschärfend kommt hinzu, dass sich Jackson und Bryant nicht aus dem Weg gehen können. Sie sind in einer Partei: den Los Angeles Lakers. Der eine ist Trainer der NBA-Truppe, der andere deren Starspieler. Beide wollen in die Play-offs. Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie ein Zweckbündnis geschlossen, das sich bereits zum Saisonauftakt Mittwochnacht bewährt hat.
Die Lakers spielten auswärts bei den Denver Nuggets. Da es nach Ablauf der regulären Spielzeit Unentschieden gestanden hatte, kam es zur Verlängerung. Der letzte Wurf musste entscheiden – eigentlich eine Sache für Kobe, den Scharfschützen in brenzliger Situation. Phil Jackson, der in einem Enthüllungsbüchlein („The Last Season“) verbreiten ließ, „mit diesem Kind“ fertig zu sein, übertrug die Verantwortung an Center Kwame Browne. Der baumlange Kerl verlegte den Ball. Doch der Ball – welch schöne Pointe – landete nicht nur in den Händen von Bryant, sondern wenig später auch im Korb der Nuggets. Bryant hatte es wieder einmal geschafft: Ein 99:97 für die Lakers flimmerte von der Anzeigetafel. Der Pragmatismus kalifornischer Machart sorgte auf dem Parkett des Pepsi Centers für ein hollywoodreifes Happyend. Bryant sagte danach brav, er habe die Entscheidung des Coaches nicht als Zumutung empfunden, so etwas habe Jackson auch früher schon getan, um Verwirrung zu stiften beim Gegner, der einen Buzzerbeater, also den Schlussakkord von Bryant und keinem anderen erwartete. Jackson, der mit den Chicago Bulls und den Lakers neun Titel gewonnen hat und sich nach einem Jahr Pause wieder des „untrainierbaren“ Flügelspielers angenommen hat, ließ wissen, Bryant habe gezeigt, dass er unter Druck „solche Würfe“ treffen kann – ein dezentes Lob.
Verblüffend am Spiel der Lakers war allerdings nicht Bryants reißfestes Nervenkostüm, sondern die Defensivleistung der Kalifornier. In ihren besten Tagen galt den Lakers die Verteidigung als lästige Pflicht, entsprechend waren ihre Bemühungen. Nun sind die Lakers dazu verdammt zu rackern, dem Gegner auf den Füßen zu stehen – was prompt gelang. Denver verlor 23-mal den Ball und verbuchte eine eher unterdurchschnittliche Wurfquote (43 Prozent). „Wir müssen eines der besten Defensivteams in der Western Conference werden, wenn wir in die Play-offs kommen wollen“, sagte Lakers-Profi Lamar Odom.
Coach Jackson sieht sein junges Team auf dem richtigen Weg: „Wir haben nun eine Ahnung, wie es gehen kann.“ Anscheinend hat Jackson auch seinen Stil des Coachings den veränderten Möglichkeiten angepasst. Er sitzt nicht mehr wie eine Sphinx auf der Bank und versinkt in der kontemplativen Parallelwelt eines Zen Masters, wie auch sein Spitzname lautet, sondern er tigert an der Seitenlinie entlang und legt sich bei Gelegenheit mit den Schiedsrichtern an.
Der Trainer vertraue ihm, machte Bryant in Denver glauben: „Er weiß ganz genau, wenn das Spiel auf der Kippe steht, bin ich am Ball.“ Wie es aussieht, stehen die beiden am Beginn einer großen Männerfeundschaft.
MARKUS VÖLKER