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Archiv-Artikel

Mehr Autonomie rückt näher

Spaniens Parlament überweist neues Autonomiestatut für Katalonien zur Beratung und Überarbeitung an seine Ausschüsse. Opposition spricht von Verfassungsbruch

MADRID taz ■ Es war eine Marathonsitzung. Das spanische Parlament debattierte am Mittwochnachmittag zwölf Stunden über das neue Autonomiestatut für Katalonien. Am Donnerstag um 1.15 Uhr war es so weit. Alle Parteien mit Ausnahme der konservativen Volkspartei (PP) stimmten mit der sozialistischen Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero für die Überweisung des Textes an die Ausschüsse der Volksvertretung in Madrid. Dort soll das Statut überarbeitet werden, bevor es 2006 wieder dem Parlament vorgelegt wird. Erhält er die Mehrheit, tritt der Text, der Katalonien mehr Autonomierechte einräumt, in Kraft.

Die Debatte verdeutlichte den tiefen Riss zwischen Regierung und konservativer Opposition. Verteidigten die einen mit den Nationalisten aus den spanischen Regionen das Statut als „wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem modernen und pluralistischen Spanien“, gilt es den anderen als „Gefahr für die Einheit Spaniens“, „Täuschungsmanöver“ und „Verfassungsbruch“.

Der Text war in den vergangenen Monaten vom katalanischen Autonomieparlament in Barcelona ausgearbeitet worden. Neben der dortigen Koalition bestehend aus dem regionalen Ableger von Zapateros Sozialisten, der postkommunistischen IC und der separatistischen Republikanischen Linken (ERC) stimmte auch die konservative, nationalistische CiU für das Projekt. Auch damals machte die PP alleine Front gegen das neue Statut. Im Entwurf, der viel weiter geht als das Autonomiestatut, wird Katalonien als „Nation“ bezeichnet, die sich weitgehend selbst regieren soll. Dazu soll die Region Steuern eintreiben und aushandeln, was an die Zentrale abgegeben wird. Die Beziehungen zwischen Katalonien und Madrid sollen rein „bilateraler“ Natur sein. Zudem soll das höchste Gericht Kataloniens das spanische Verfassungsgericht in der Region als oberste Instanz ablösen.

Diese Pläne verursachen in Madrid Kopfschmerzen. In mehreren Punkten sei das Statut nicht mit der spanischen Verfassung vereinbar, erklärten auch von Zapateros PSOE beauftragte Juristen. Die ärmeren Regionen Spaniens fürchten um die finanzielle Solidarität, wenn das reiche Katalonien seine Steuern selbst verwaltet.

Regierungschef Rodríguez Zapatero will das Statut auf seinem Weg durch die Institutionen an die Verfassung anpassen lassen. Der Begriff „Nation“ soll ersetzt werden, die Steuerpolitik brauche „eine gemeinsame Linie in ganz Spanien“, und bilaterale Beziehungen werde es nur „bei den Themen geben, die typisch für Katalonien sind, wie die Sprache und die territoriale Verwaltung“, erklärte der Regierungschef.

Der Führer der konservativen Opposition, Mariano Rajoy, gibt sich damit nicht zufrieden. Er hätte es am liebsten gesehen, wenn der Text als Ganzes an Katalonien zurücküberwiesen worden wäre. Doch „das Statut ist der Preis, den der Regierungspräsident zahlen muss, damit er seinen nächsten Etat verabschieden kann“, ist Rajoy sicher. Zapateros Minderheitsregierung ist in Madrid auf die Stimmen der katalanischen Separatistenpartei ERC angewiesen. Die PP will sich an der Umarbeitung des Statutes nicht beteiligen. Der Versuch, das Statut an die Verfassung anzupassen, sei so aussichtslos „wie zu versuchen, einem Stachelschwein Dauerwellen zu machen“. REINER WANDLER