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Augen und Ohren zu – und durch

US Open Serena Williams kann Geschichte schreiben – auf dem Spiel stehen der Grand Slam und ein Rekord

NEW YORK taz |Manchmal sind Skepsis und Zweifel die beste Motivation. Das beweist die Karriere von Serena Williams: Je größer die Widerstände, desto größer ihre Lust, Grenzen zu überwinden. Als sie vor 16 Jahren in New York bei den US Open ihren ersten Titel bei einem Grand-Slam-Turnier gewann, da sagte sie: „Niemals werde ich aufgeben. Niemals. Aufgeben hat man mir nicht beigebracht.“ Sie war knapp 18 Jahre alt, trug bunte Perlen im streng geflochtenen Haar, hatte die Figur eines Footballspielers und rauschte mit Tempo und Kraft eines Wirbelsturms durch das Turnier.

16 Jahre nach diesem ersten Sieg wird sie nun aber ohne diese Motivation auskommen müssen. Die meisten Kollegen und Beobachter sind diesmal auf ihrer Seite. Denn die Sache ist klar: Gewinnt Williams den Titel bei den nun beginnenden US Open in New York, dann hat sie als vierte Frau in der Geschichte des Tennis den Grand Slam im Kasten. Die vier großen Turniere innerhalb eines Kalenderjahres zu gewinnen, das schafften bisher nur Maureen Connolly aus den USA (1953), die Australierin Margaret Smith Court (1970) und zuletzt Steffi Graf (1988).

Als Novak Djokovic und Roger Federer am Wochenende gefragt wurden, ob sie den Weg der Kollegin dieser Tage mit ähnlich großem Interesse verfolgten wie der Rest der Tenniswelt, da machten sie in unterschiedlichen Worten die gleiche Ansage. „Natürlich verfolge ich das“, sagte Djokovic. „Ich schicke ihr positive Schwingungen, und ich hoffe, dass sie es schafft.“ Federer schloss sich der Hoffnung an und meinte darüber hinaus, solche Gelegenheiten bekomme man nicht allzu oft in einer Karriere. Er selbst gewann in den Jahren 2004, 2006 und 2007 drei der vier großen Titel, so wie Djokovic 2011, aber beiden fehlte in diesen Jahren der Coup in Paris.

Es ist allerdings kaum vorzustellen, dass die Sache für Williams ausgerechnet im National Tennis Center der USA schiefgehen könnte. Ihre letzte Niederlage in New York stammt aus dem Finale des Jahres 2011 gegen Sam Stosur aus Australien. Von 50 Spielen des Jahres 2015 verlor sie genau zwei, in Madrid gegen Petra Kvitova und kürzlich in Toronto gegen Belinda Bencic. Allerdings: In der Auslosung des Turniers stecken ein paar knifflige Aufgaben für die große Favoritin. In ihrem Viertel des Tableaus schwirren unter anderem Sloane Stephens, Madison Keys, Bencic und Karolina Pliskova umher. Den ersten Schritt auf dem Weg zum Mount Everest des Tennis will Serena Williams an diesem Montag gegen die Russin Witalija Diatschenko gehen. Vor allem aber: Wie soll sie es schaffen, Augen und Ohren zu verschließen und so zu tun, als gebe es das ganze Gerede vom Grand Slam nicht, obwohl es doch das alles beherrschende Thema des Turniers ist?

Wenn sie Graf einholt, ist Williams dann „the best ever“?

Auf dem Spiel steht schließlich nicht nur der Grand Slam, sondern auch der Rekord für Grand-Slam-Turniere insgesamt. Williams kann mit Steffi Graf und deren 22 Triumphen aus der Open-Ära seit 1968, als Profis wieder bei den großen vier Turnieren antreten durften, gleichziehen. Ist sie dann „the best ever“? Die Amerikaner sind besessen von dieser Frage. Mit ihr wird Williams seit mehr als einem Jahr beinahe täglich konfrontiert. Als sie vor ein paar Tagen wieder mal gefragt wurde, ob sie sich in dieser Rolle sehe, da meinte sie: „Nein. Ich kann nicht hier sitzen und so was behaupten. Aber ich kann hier sitzen und sagen, dass ich die beste Spielerin bin, die ich sein kann.“ Dabei wird es auch bleiben, sollte sie in knapp 2 Wochen nicht mit dem Pokal in den Händen auf dem grünen Boden des Arthur Ashe Stadions stehen. Das Versprechen aus dem Jahr 1999 hat sie, längst, längst, längst eingelöst. Doris Henkel

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