: Mit EU-Geld gegen die EU
FINANZEN Im EU-Parlament nutzen extrem rechte Parteien die Infrastruktur zur Finanzierung ihre Anti-EU-Politik. Geld fließt dabei auch an ihnen nahestehende Gruppen, die gar nicht im Parlament vertreten sind
ANDREAS MÖLZER, EU-ABGEORDNETER DER FPÖ
AUS STRASSBURG ANDREAS SPEIT
Er weiß um seine Bedeutung. Ganz gelassen sitzt der führende extrem rechte Europarlamentarier Andreas Mölzer in seinem Straßburger Büro. Und ganz gelassen legt er seine Sichtweisen dar: „Eine große Fraktion der rechtspatriotischen Parteien ist nötig“, sagt Mölzer von der Freiheitlichen Partei Österreich (FPÖ). Dass es die „Europäische Allianz für Freiheit“ (EAF) schon gibt, verschweigt er. Und dass seine FPÖ daran mitwirkt, auch.
„Durch die Gründung von politischen Parteien auf europäischer Ebene versuchen sich die rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien zu koordinieren und zu finanzieren“, sagt Jan Philipp Albrecht von der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, der gerade eine Studie zu den Rechtsaußen-Abgeordneten im Europäischen Parlament herausgegeben hat.
Seit Jahrzehnten hat Mölzer, der auch Chefredakteur der Wochenzeitung Zur Zeit ist, gute Kontakte zu anderen extrem rechten Parteien, plant Konferenzen und Allianzen. Bei der 2011 vom Vorstand des Europäischen Parlaments anerkannten EAF sitzt er im Vorstand.
Die 14 Mitglieder der Partei kommen außer von der FPÖ vom belgischen Vlaams Belang (VB), der Sverigedemokraterna (Schwedendemokraten), der litauischen Ordnung und Gerechtigkeit, der United Kingdom Independence Party (UKIP) und der deutschen Bürger in Wut. Dass die Bürger in Wut um den Polizisten Jan Timke gar nicht dem Europaparlament angehören, stört nicht.
„Die Voraussetzungen, um als Europartei anerkannt zu werden, sind vergleichsweise gering“, sagt Tobias Peter, Autor der Studie. Aus mindestens einem Viertel der Mitgliedsstaaten müssen Abgeordnete aus regionalen oder nationalen Parlamenten vertreten sein oder mindestens einen Abgeordneten im Europäischen Parlament haben. Er befürchte, dass künftig auch andere rechte Parteien außerhalb des Parlaments EU-Mittel beziehen könnten.
Bereits im Jahr 2011 erhielt die EAF, deren Vorsitz Godfrey Bloom von der UKIP innehat, 372.753 Euro aus EU-Kassen. Letztes Jahr waren es 360.455 Euro.
Gegner von Europa will sich Mölzer nicht nennen, er sei ein „Europafreund“. Doch: „Wer Europa liebt, muss gegen den Euro sein.“ Das ist das Credo der extrem Rechten im Europarlament. Mölzer spricht in seinem Straßburger Parlamentsbüro gleich noch ein weiteres aus: „Der islamische Fundamentalismus stellt für die europäischen Gesellschaften wegen der muslimischen Massenzuwanderung eine immer größer werdende Bedrohung dar.“ Mit EU-Geldern wird ein offenes modernes Europa bekämpft. Die Brüsseler Euros nimmt die EAF dabei gern.
Damit ist sie nicht die einzige. Im Februar 2012 erkannte das EU-Parlament auch die Europäische Allianz nationaler Bewegungen (AENM) als Europartei an. Die hatte sich 2009 gegründet, ihr gehören Abgeordnete des französischen Front National, der ungarischen Jobbik, der Britischen National Partei und elf weiterer rechtsextremer Parteien an. Für dieses Jahr erhält die AENM, der Bruno Gollnisch von FN vorsteht, 289.266 Euro.
Unterstützung von dem Parlament, das sie am liebsten abschaffen will, bekommt auch die Partei Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD). In der rechtslastigen Fraktion, die die italienische Lega Nord und die britische United Kingtom Independence Party mitgegründet haben, sind 34 Abgeordnete organisiert. Jährlich bekommt die Fraktion 2,579 Millionen Euro. Mölzer gehört ihr nicht an.
Doch auch ohne Fraktionsstatus oder Europapartei können die extrem rechten Parlamentarier Geld für ihre Hetze gegen den „EU-Zentralismus“ und die „Islamisierung Europas“ beziehen: Neben der monatlichen Entschädigung als Europarlamentarier von rund 7.960 Euro stehen ihnen monatlich über 21.209 Euro für die Personalausstattung zu. Mölzer nennt sein Ziel: „Keine Vereinigten Staaten von Europa.“