: Wie es mit der Partizipation einmal schief ging
ZWEI UNGLEICHE PARTNER Aktivisten der Bürgerinitiative „Altonaer Museum bleibt“ wollten eine Ausstellung zur Anti-AKW-Bewegung machen. Daraus wurde aber nichts – wegen Einseitigkeit und mangelnder Qualität, sagt der Museumsdirektor
Ausgerechnet ins Altonaer Museum – den Ort, an dem 1982 die erste partizipative Ausstellung Hamburgs überhaupt stattgefunden hatte – wollte eine Gruppe engagierter Laien eine partizipative Ausstellung bringen. Von der Entwicklung der Anti-AKW-Bewegung im Norden sollte sie handeln und im wesentlichen die Plakatsammlung eines Privatiers zeigen.
„Wir wollten anhand diese authentischen Dokumente zeigen, wie sich die Bewegung im Norden entwickelt hat“, sagt die Kunsthistorikerin und Kuratorin Elisabeth von Dücker. Sie ist, wie auch die anderen, die die Ausstellung vorschlugen, Mitglied der Bürgerinitiative „Altonaer Museum bleibt“, die 2011 durch massiven öffentlichen Druck dazu beitrug, dass Hamburgs Senat die Schließungspläne für das Museum zurücknehmen musste.
Doch die von der Initiative angefragte Ausstellung habe Museumschef Torkild Hinrichsen abgelehnt, und das ohne plausible Begründung, sagt von Dücker. „Dabei habe ich schon so manche partizipative Ausstellung gemacht und weiß, wie das geht: wie man den Bürger niedrigschwellig einbindet.“
Genau an dieser Niedrigschwelligkeit hat sich Museumschef Hinrichsen wohl gestoßen. Man habe mehrfach mit den Bürger-Initiativlern zusammengesessen und über deren Vorschlag beraten. „Aber da lag weder ein inhaltliches noch ein finanzielles Konzept vor“, sagt Hinrichsen.
Dabei sei er gar nicht prinzipiell gegen das Thema: „Die Beziehung von Mensch und Umwelt passt sehr gut in unser kulturgeschichtliches Haus, und ich bin ja selbst 68er.“ Aber er müsse, als Leiter eines öffentlich bezuschussten Hauses eine Ausstellung machen, die musealen Standards entspreche. „Und dafür genügt es nicht, Plakate an die Wand zu nageln. Da muss ich auch über die Historie berichten, konkret: darüber, dass die Ostermärsche, aus denen die Bewegung entstand, eine Reaktion auf die Wiederbewaffnung, in diesem Fall mit Atomwaffen waren.“ Dass die Protest-Energie der Ostermärsche dann auf die zivile, „harmlose“ Nutzung der Atomenergie umgelenkt wurde, bis man bemerkte, dass sie nicht beherrschbar war.
„Man muss in einer Ausstellung den Rahmen, die Wurzeln der Bewegung mit untersuchen, das ist ganz normale wissenschaftliche Arbeit“, sagt Hinrichsen. Und man müsse auch die Gegenseite zu Wort kommen lassen, in diesem Fall das Unternehmen Vattenfall. Jenen Energieriesen, dessen Name auf Schwedisch „Wasserfall“ bedeutet, der aber längst nicht mehr für harmlose Wasserkraft steht, sondern vor allem für Atomenergie. Ein kleiner Etikettenschwindel, den man en passant hätte mit aufdecken können.
All dies habe er vorgeschlagen, sagt Hinrichsen. Doch die Initiative wollte nicht, dass in ihrer Ausstellung ein Energiekonzern zu Wort käme. „Aber ein wissenschaftliches Museum ist ja nicht dazu da, eine Meinung oder Tendenz vorzugeben. Das Museum stellt alle Seiten dar und vertraut dann auf die Urteilsfähigkeit des Besuchers.“
Abgesehen davon tue er der Idee der Partizipation, die das Museum, samt Weiterbildungen, intern längst praktiziere, keinen Gefallen mit einer unzulänglichen Ausstellung. Und das Argument, dass er der Bürgerinitiative wegen ihres Einsatzes für das Museum einen Gefallen schulde, findet er inakzeptabel. „Wir sind dankbar, sogar sehr dankbar“, sagt Hinrichsen. „Aber eine unprofessionelle Ausstellung machen wir deshalb nicht.“
In der Tat hatte die Initiative die Ausstellung ausschließlich dem Altonaer Museum angeboten, wie von Dücker bestätigt. Warum man sie keinem anderen Hamburger Museum – etwa dem für Hamburgische Geschichte – antrug, erklärt sie nicht. Und jetzt, da es mit der Ausstellung nichts wird, soll es stattdessen einen Film zur Anti-AKW-Bewegung geben. PS