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Archiv-Artikel

Farbenspiele draußen vor der Tür

PROTEST Vor der Großdemo am morgigen Samstag sortiert sich das Lager der Protestler. Das Spektrum reicht von radikalen Blockierern bis zu gemäßigteren NGOs. Polizei rüstet auf

„Versprechen kann ich das nicht, es kann unerwartete Situationen geben“

AUS KOPENHAGEN CHRISTIAN JAKOB

Während sich bei den Klimaverhandlungen der Streit zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern zuspitzte, nahm am vierten Tag des Gipfels die Protestszene in der dänischen Hauptstadt Konturen an. Die ersten schätzungsweise 1.500 Aktivisten trafen bis Donnerstag ein, Infopunkte, Volksküchen und Schlafplätze öffneten. Doch auch die Protestler sind sich in ihren Zielen nicht einig.

Während die Gemäßigteren, wie das aus den großen Nichtregierungsorganisationen bestehende Climate Action Network, vor allem für einen weitreichenden Beschluss der Konferenz auf die Straße gehen, wollen zum Beispiel die radikalen Gruppen unter dem Motto „Never trust a COP“ den gesamten Gipfel lahmlegen. Das „linke“ Protestnetzwerk Climate Justice Action (CJA) setzt auf die „gewaltfreie Offensive“: Ähnlich wie einst die berühmten Tutti Bianchi in Italien will man den Gipfel zwar nicht völlig verhindern, aber für einen Tag unterbrechen und das Kongressgelände besetzen, wenn die Staatschefs dort sind.

Das alles sorgt schon vor der für Samstag geplanten Großdemonstration für Alarmbereitschaft bei der Polizei. In der Nacht zum Mittwoch hatte es den ersten großen Polizeieinsatz gegeben: Gegen zwei Uhr morgens durchsuchten 200 Polizisten die Werkstätten eines alten Fabrikkomplexes im Norden der Innenstadt. Offiziell wurden Waffen gesucht und nicht gefunden. Dafür beschlagnahmte die Polizei nach eigenen Angaben unter anderem Schutzschilder und Blasenfolie, mit denen sich die Demonstranten bei direkten Aktionen schützen wollten, sowie Farbbomben. Mehrere Hundert Menschen hielten sich zu der Zeit in der Unterkunft auf, Festnahmen gab es keine.

Am Vorabend hatte die „Klimakarawane“ Kopenhagen erreicht, Vertreter sozialer Bewegungen aus dem globalen Süden, die seit zwei Wochen durch Europa tourten, um Unentschlossene zur Teilnahme an den Klimaprotesten zu motivieren. Auf dem Weg habe die Polizei sie massiv behindert, klagt Organisatorin Miriam Fischer. „Die Gastfreundschaft Kopenhagens scheint sich auf ein Hofieren von Grünwäschern wie Vattenfall oder Siemens zu beschränken.“ Menschen, die bereits heute durch den Klimawandel in ihren Lebensgrundlagen bedroht seien, würden hingegen durch Polizeikontrollen willkommen geheißen.

Die vier Bündnisse, die zu einer kaum überschaubaren Zahl an Aktionen und Blöcken bei der Großdemonstration am Samstag aufrufen, rechnen mit bis zu 70.000 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt. Die Polizei stellt sich auf immerhin 60.000 ein. Wie viele Polizisten im Einsatz sein werden, will Polizeisprecher Henrik Suhr geheimhalten. Alle bei den Demonstrationen eingesetzten Beamten seien Dänen. Allerdings habe sich die Polizei Fahrzeuge aus Schweden, Deutschland, Belgien und sogar Luxemburg geliehen, so Suhr, dazu zwei schwedische Helikopter.

Dass, wie die Demonstranten sagen, erstmals in der Geschichte Dänemarks auch Wasserwerfer zum Einsatz kommen sollen, sei „so nicht richtig“, so Suhr. Man habe lediglich ein Löschfahrzeug beschafft, es sei „beabsichtigt“, dieses nur gegen Brände, nicht aber gegen Demonstranten einzusetzen. Allerdings: „Versprechen kann ich das auch nicht, es kann unerwartete Situationen geben.“

Bereits am Dienstag seien die Kontrollen an den Grenzen zu Schweden und Deutschland verschärft worden, sagt Suhr. Berichte, laut denen den ersten Demonstranten bereits die Einreise nach Dänemark verweigert wurde, wies er jedoch zurück. „Bis jetzt haben wir alle reingelassen.“ Die Beamten würden Fahrzeuge durchsuchen und „an Ort und Stelle entscheiden, ob es sich um Aktivisten handelt, die wir hier nicht haben wollen. Und die schicken wir zurück. Wer viele Jahre als Polizeibeamter gearbeitet hat, der weiß schon, wonach er schauen muss.“

Einen Vorgeschmack auf den Samstag könnte der „Glaubt Ihre Lügen nicht“-Tag am Freitag geben. Am Vormittag wollen Aktivisten „Konzerne und andere Klimaverbrecher“ aufsuchen, denen sie ein reines „Greenwashing“ vorwerfen. Anhand verschiedenfarbiger Farbbänder für „Visuelle Aktionen“, „Lärm“, „Unruhe drinnen“ und „Unruhe draußen“ sollen sich die Protestler Blöcken zuordnen und dann Firmenzentralen und Botschaften besuchen.

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