: Präsidentenleiche auf Zypern aus dem Sarg gestohlen
GRABSCHÄNDUNG Unbekannte öffnen das Grab von Papadopoulos. Rätselraten über die Motive der Täter
BERLIN taz | Der Grabstein ist beschmutzt, daneben türmt sich ein Berg Erde: Die Leiche des vor einem Jahr verstorbenen ehemaligen Präsidenten Zyperns, Tassos Papadopoulos, ist in der Nacht zum Freitag gestohlen worden. Unbekannten drangen dazu in den Dorffriedhof von Kato Deftera, einem Vorort von Nikosia. Sie entnahmen den Leichnam, den Sarg ließen sie zurück.
Das Entsetzen auf Zypern ist groß. Grabschändungen kommen auf der Insel höchst selten vor. Die Polizei sperrte den Friedhof ab und begab sich auf Spurensuche. Doch der Leichnam des Präsidenten blieb zunächst verschwunden.
Die Motivation der Täter gibt Rätsel auf. Waren es Kriminelle, die, ähnlich wie im Fall des deutschen Milliardärs Friedrich-Karl Flick, eine Lösegeld erpressen wollen? Immerhin entstammt Papadopoulos einer wohlhabenden Familie. Oder stecken politische Motive hinter der ungewöhnlichen Tat?
Eine politische Dimension entwickelt der Kriminalfall schon jetzt. Papadopoulos galt Zeit seines Lebens als nationalistischer Hardliner. Als Präsident der Republik sorgte er 2004 dafür, dass die Inselgriechen einen UN-Vorschlag zur Vereinigung Zyperns mit dem türkischen Nordteil ausschlugen. National gesinnte Kräfte verehren ihn auch heute noch.
Der Chef von Papadopoulos’ Partei Diko, Marios Garoyon, sprach von einem „verachtenswerten und schrecklichen Verbrechen“. Dennoch werde ein geplanter Gedenkgottesdienst auf dem Friedhof heute wie geplant stattfinden. Dieses Treffen könnte sich zu einer Protestdemonstration gegen den derzeitigen Präsidenten Dimitris Christofias entwickeln. Christofias steht derzeit in Verhandlungen mit seinem zyperntürkischen Gegenspieler Mehmet Ali Talat über eine Lösung des Konflikts. Bis zum Februar 2010 dürfte sich entscheiden, ob beide eine Lösung finden. Zyperngriechische Nationalisten werfen Christofias einen zu weichen Kurs vor.
Der wiederum hatte erst kurz von Bekanntwerden des Diebstahls von Papadopoulos’ Leiche angekündigt, mit einer großen Kampagne für einen Kompromissfrieden mit den türkischen Zyprioten zu werben. Nun steht zu befürchten, dass die ruchlose Tat auf dem Friedhof seinen Gegnern neue Munition liefert.
KLAUS HILLENBRAND