piwik no script img

Archiv-Artikel

Hollywood im Tacheles

FILMDREH Im Herbst wurde das Tacheles aus Sicherheitsgründen geräumt – ein Team der Spielberg-Produktionsfirma DreamWorks durfte nun jedoch drei Tage lang dort drehen

Kaum ist das Tacheles geräumt, wird das einstige Kulturhaus als geschichtsträchtige Filmkulisse vermarktet. Keine Geringere als die Produktionsfirma DreamWorks von Steven Spielberg hatte sich die vergangenen drei Tage dort eingemietet, um für einen Hollywoodstreifen zu drehen: „The Fifth Estate“ – ein Film über die Geschichte der Enthüllungsplattform Wikileaks. Es geht um die Anfänge der Verbindung zwischen Julian Assange und seinem deutschen Geschäftspartner, Daniel Domscheit-Berg, die mit einem Zerwürfnis endete.

Mehrere hundert Leute – Kamerateams, Beleuchter, Schauspieler und Komparsen – haben bis Freitag im Tacheles gedreht, obwohl das Bauamt Mitte das Gebäude im Sommer 2012 aus baulichen Gründen gesperrt hatte. Mittes Baustadtrat, Carsten Spallek (CDU), rechtfertigte die Erlaubnis für die Dreharbeiten damit, dass das Bezirksamt die Nutzung des Tacheles nur für die Öffentlichkeit untersagt habe. „Inwieweit durch die Dreharbeiten ein höheres Gefahrenpotenzial besteht, kann aus der Ferne nicht beurteilt werden“, teilte Spalleck am Freitag mit. Das Bezirksamt werde nächste Woche eine Ortsbesichtigung durchführen.

Bill Condon, der in „The Fifth Estate“ Regie führt, kann das egal sein – das Filmteam hat seine Arbeit im Gebäude nun beendet. Zwei Tag werde aber noch am Alexanderplatz und am Reichstag gedreht, verriet ein Beleuchter der taz. Danach gehe es nach Belgien. Die Hauptrollen in dem Film, der Ende des Jahres in die deutschen Kinos kommt, spielen Daniel Brühl (Daniel Domscheit-Berg) und Benedict Cumberbatch (Julian Assange).

Produktionsfirma für die Dreharbeiten in Deutschland sind die Filmstudios Babelsberg. Deren Sprecher Eicke Wolf verwies darauf, dass man sich mit allen Künstlern, die im Tacheles noch Kunstobjekte hätten, über deren Verwendung als Film-Motiv geeinigt habe. Über die Höhe der Produktionskosten könne und dürfe er jedoch nichts sagen, so Wolf. Nach Informationen der taz wurden auch mit den Urhebern von Graffitis an der Fassade Verhandlungen über Honorare geführt.

Künstler hatten jahrzehntelang um den Erhalt der Ruine des besetzten einstigen Kaufhauses in der Oranienburger Straße gekämpft, letztlich aber verloren. Im September 2012 räumten sie schließlich das unter Zwangsverwaltung stehende Gebäude. Nun soll das Tacheles Wegbereiter für Hollywood sein? Martin Reiter vom Vorstand Tacheles e. V. gefällt das gar nicht: „Das Ganze ist eine dreckige Angelegenheit im Auftrag der Banken“, so die Überzeugung des Künstlers.

PLUTONIA PLARRE