Lüchow-Dannenberg spart sich selbst ein

Wendland votiert in Briefwahl mehrheitlich für das Ende des Landkreises und die Umwandlung in eine kreisfreie Samtgemeinde. 260 Stellen werden in den nächsten Jahren abgebaut, Verdi droht bereits mit Protest

Mindestens zwei Überraschungen stecken im Ergebnis der Bürgerbefragung über die Verschmelzung des Landkreises Lüchow-Dannenberg und seiner fünf Samtgemeinden zu einer kreisfreien Samtgemeinde. Zum einen, dass der bislang nicht gerade als Basisdemokrat bekannte CDU-Innenminister Uwe Schünemann die Befragung der 42.700 Wahlberechtigten ab 16 Jahren überhaupt anzettelte. Zum anderen, dass die für ihren Widersinn bekannten Wendländer dem Unions-Hardliner auch noch folgten. Nachdem sie zwei Wochen lang per Briefwahl abgestimmt hatten, zählten gestern 80 Wahlhelfer im „Gilde-Haus“ in Lüchow fünf Stunden lang aus. Bei einer beachtlichen Wahlbeteiligung von 57,4 Prozent stimmten 13.033 oder 53,3 Prozent mit „Ja“, 11.432 (46,73 Prozent) mit „Nein“. Die Bürger hätten „die Chance zu mehr Handlungsfreiheit“ erkannt, verkündete Schünemann erfreut.

Lange hatte der Landkreis von der Zonenrandförderung profitiert, 1979 kam das so genannte Gorleben-Geld als Ausgleich für die Belastungen durch das atomare Endlager dazu. Auch als diese jährlich acht Millionen Mark 1994 wegfielen, „hat sich in Lüchow-Dannenberg zu wenig getan“, sagt selbst der grüne Innenexperte Hans-Albert Lennartz. Das hatte Folgen: Die Verwaltungskosten im Landkreis belaufen sich auf 340 Euro pro Einwohner und Jahr, fast 200 mehr als der Durchschnitt der übrigen 37 Kreise im Land. So leistet sich der Kreis mit seinen 52.000 Einwohnern sechs Bauämter und etwa 700 Stellen in der Verwaltung, außerdem 33 Parlamente. Und so wuchsen in Lüchow-Dannenberg die Schulden um jährlich 20 Millionen auf zuletzt 150 Millionen Euro.

Erst als Schünemann drohte, das Land werde seine Zahlungen reduzieren, tat sich etwas. Das von CDU-Landrat Dieter Aschbrenner (CDU) verfochtene Fusionskonzept war auch innerhalb seiner Partei umstritten. In einer Abstimmung votierten 14 der Kleinstgemeinden dafür, 13 dagegen.

Schünemann geht davon aus, dass durch die neuen Strukturen jährlich 17 Millionen Euro gespart werden. 260 Stellen sollten bis zum Jahr 2013 durch Vorruhestand und eine Jobbörse wegfallen. Im Falle betriebsbedingter Kündigungen drohte Verdi-Sekretär Lutz Kokemüller bereits mit Protestaktionen, einzelne Gemeindebürgermeister wollten gegen die Reform klagen. Wie und wann Stellen abgebaut und ob Schulen oder Ämter geschlossen werden, muss der Rat der neuen Samtgemeinde entscheiden. Er soll bei den Kommunalwahlen im September 2006 gewählt werden.

Kai Schöneberg