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Archiv-Artikel

Falsche Ehre

Zeugen deckten einen Vergewaltiger – und mussten sich dafür nun selbst vor Gericht verantworten

Von abe

Bremen taz ■ Was treibt einen Mann dazu, dem Vergewaltiger seiner Schwester ein falsches Alibi zu verschaffen? Die Familienehre, erbrachte gestern eine Verhandlung vor dem Bremer Amtsgericht. Artur, Stefan und Robert K. mussten sich wegen Meineids beziehungsweise Falschaussage, jeweils in Verbindung mit versuchter Strafvereitelung, vor Gericht verantworten.

Sie hatten – wie andere ZeugInnen aus der Familie auch – im Prozess gegen den Vergewaltiger und damaligen Lebenspartner von Sofia K. bestritten, dass die Straftat überhaupt stattgefunden habe. Sofia K., so ihre Version, habe sich zur fraglichen Tatzeit auf einer Familienfeier aufgehalten. „Alles gelogen“, befand das Landgericht damals in seinem Urteil.

Für die Falschaussagen wurde Artur K. gestern – in Verbindung mit einer noch nicht abgebüßten Vorstrafe – zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, Robert und Stefan K. zu je 150 Tagessätzen. Das Gericht hielt ihnen ihre Geständnisse zugute, ohne die Aussage (des Opfers) gegen Aussage (der den Vergewaltiger deckenden ZeugInnen) gestanden hätte.

Richter Friedrich-Christoph Kornblum bot ihnen einen Deal an: Niedriges Strafmaß gegen Geständnis. Über ihre Anwälte erklärten sich alle drei Angeklagten daraufhin für schuldig. Stefan K.s Verteidiger sagte in seinem Plädoyer, dass sein Mandant den Vergewaltiger seiner Schwester zwar der deutschen Strafjustiz entziehen wollte. Stattdessen habe die Familie ihm aber eine Strafe nach den Wertvorstellungen der Sinti und Roma zugedacht, die für ihn Ehrverlust und Ächtung bringe und viel schwerer wiege als das Urteil eines Gerichtes.

Das Opfer Sofia K. war zu dem Prozess nicht als Zeugin erschienen. „Sie hatte bei der Anzeige schon Angst, dass die Sippe ihren Vergewaltiger daraufhin umbringt“, so Richter Kornblum. abe