: Kino im Kopf kostet jetzt
Hörfunksender müssen für Fußballberichte aus dem Stadion künftig Gebühren an die Vereine bezahlen
Fußballvereine können künftig von Hörfunksendern für die Live-Berichterstattung von Bundesligaspielen Geld verlangen. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil. „Das ist ein Schlag gegen die Rundfunkfreiheit“, kritisierte der Verband privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT).
Der Musterprozess war vom Privatsender Radio Hamburg gegen die örtlichen Vereine HSV und FC St. Pauli geführt worden. Der Sender sollte ab 1999 für kurze Live-Einblendungen Übertragungslizenzen erwerben. Doch der Sender weigerte sich. „Der Radioreporter liefert eine eigene kreative Leistung. Er macht mit seinen Worten das Geschehen für die Zuhörer anschaulich und erzeugt Kino im Kopf“, argumentiert Martina Müller, Sprecherin von Radio Hamburg. Der Sender war der Auffassung, dass er dafür im Gegensatz zu den TV-Kollegen nicht an die Veranstalter zahlen müsse. „Bei der Fernsehübertragung ist das anders. Wenn man den Ton abstellt, verstehen die Zuschauer ohne weiteres, was passiert“, so Müller.
Doch der BGH folgte dieser Ansicht gestern nicht. Als Veranstalter dürften die Fußballvereine bestimmen, „dass mit dem Erwerb einer Eintrittskarte noch nicht die Befugnis zur Rundfunkberichterstattung aus dem Stadion erworben wird“. Aus ihrem Hausrecht folge, dass sie zum einen finanziellen Ersatz für die Aufwendungen (Arbeitsplatz und ISDN-Leitung) verlangen können, die sie für die Reporter erbringen. Darüber hinaus kann aber auch Geld für das bloße Übertragungsrecht eingefordert werden. Dies gehöre zur „wirtschaftlichen Verwertung“ der Fußballspiele. Schließlich stehe die Veranstaltung von Bundesligaspielen unter dem Schutz der im Grundgesetz garantierten Berufsfreiheit.
Die Rundfunkfreiheit der Sender garantiere nur, dass diese ihr Programm frei gestalten können. Die Vereine dürften daher die Vermarktung der Übertragungsrechte nicht dazu nutzen, auf den Inhalt der Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Radio Hamburg wird das Urteil wohl nicht akzeptieren und mit Unterstützung des VPRT das Bundesverfassungsgericht anrufen. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender haben bisher die Existenz von Hörfunklizenzen bestritten. In der Praxis haben zuletzt allerdings die meisten Sender für die Hörfunkübertragung Geld an die Vereine oder die Deutsche Fußball-Liga bezahlt.
Je nach Sendergröße und Anzahl der übertragenen Spiele verlangte die DFL neben einer Grundpauschale von bis zu 1.200 Euro noch Lizenzgebühren zwischen 1.150 und 28.200 Euro pro Saison. „Wir fürchten, dass die Summen noch enorm ansteigen werden“, so die Vertreterin von Radio Hamburg. C. Rath