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BRUMM-BRUMMKein Gendering im Gartencenter

ULI HANNEMANN

Er hat gerade noch so schön gelächelt“: Diese Worte richtet die Kassiererin im Garten-Center an Q., während ich hinter ihr den neuen Rasenmäher für unser Datschenkollektiv aufs Band wuchte.

„Jetzt lächelt Ihr Mann nicht mehr so“, schwallt sie weiter, als ob ich des Brandenburgischen nicht mächtig, unmündig, ein Hund oder ganz einfach nicht da wäre. „Vielleicht ja, weil er den Preis gehört hat? Den hätte ich Ihnen wohl besser ins Ohr flüstern sollen?“

Der Mann zahlt. Das denkt sie automatisch, obwohl es die Frau ist, die ihr die Karte rüberreicht. Na, dann ist es eben sein Konto, für das er natürlich brav arbeiten geht, und zu Hause stellt die Frau die Blumen auf den Tisch. Damit wir ein schönes Nest haben – piep, piep. Sehen wir eigentlich beide so bescheuert aus?

Q. verweigert eine Antwort auf das Angebot der Frauenkumpanei zum Thema, wie simpel ein Mann funktioniert. In etwa so: Titten -> Schwanzwedeln. Wand -> Bohrer. Fußball -> Hurra. Rasenmäher ->Brumm, brumm. Sonst ist er geizig wie die Nacht, schmutzig wie ein Schwein, muss angezogen werden wie ein Teddybär und untersucht, der einzige Anflug einer gewissen Possierlichkeit, mit rührendem Ernst sämtliche Gegenstände auf ihre mögliche Auseinanderschraubbarkeit hin.

Und tatsächlich: „Das ist doch ein richtiges Männerspielzeug für ihn“, analysiert sie spielzeugmesserscharf. „Für ihn“, und dabei trotzdem halb zu mir gewandt. Rasenmäher, brumm, brumm“, sage ich artig. „Geld ausgeben, aua!“ Sie strahlt und fühlt sich bestätigt. Ein weiblicher Mario Barth. Eine Maria Ohnebarth – was macht sie hier eigentlich noch an der Kasse der Gartenabteilung des Globus-Baumarktes in Germendorf nahe Oranienburg? Anstatt vor ausverkauftem Olympiastadion über den Mann und seinen Rasenmäher zu schwadronieren. HEUTE: MARIA OHNEBARTH MIT IHREM NEUEN SUPERDUPERPROGRAMM: „DER RASENMÄHER DES MANNES MÄHT SO LAUT WIE SEIN JOHANNES“. 70 Euro im Vorverkauf, 90 bei Ebay.

„Oh, jetzt lächelt er wieder“, stellt sie erfreut fest. Wenn es die Umstände zuließen, würde sie mir nun bestimmt eine Wurst und ein Bier hinstellen und beim Fressen den Kopf streicheln. „Wuff“, versuche ich einen kurzen Einwand. Der soll bedeuten, dass ich Motorentechnik hasse und lieber so einen metrosexuellen Akku-Rasenmäher gehabt hätte. Der wäre dann wie ich: Er stinkt nicht und macht keinen Krach. Doch die hemdsärmeligen Mannsweiber vom Datschenkollektiv Sommerfeld wollten unbedingt so einen geländegängigen Achtzylinder-Wiesenpanzer mit 35-mm-Zwillingsgeschütz haben und haben damit den anderen Metrosexuellen und mich locker überstimmt. Und zwar im Stimmenverhältnis zwei zu zwei – eindeutige Sache.

Aber am liebsten hätte ich sowieso überhaupt keinen Rasenmäher, sondern stattdessen ein kleines getigertes Kätzchen, das mir überallhin nachläuft und mir die Tränen von der Wange schleckt, wenn ich mich irgendwo gestoßen habe. Ich bin nämlich ganz anders, als die Gartentante glaubt. Klar denke auch ich manchmal mit dem Schwanz, aber das dafür unheimlich gut. Das kriegen andere mit dem Kopf nicht hin. Zumindest nicht hier in der Gegend. Darauf wette ich einen Rasenmäher.

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