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Erst zuschlagen, dann nachdenkenKOMMENTAR VON HANNES KOCH

Das Programm der großen Koalition mutet an wie eine Bestrafungsaktion für die bösen Bürger. Haben sie doch zu wenige Kinder bekommen, zu wenig gearbeitet, dem Sozialstaat zu sehr auf der Tasche gelegen – und vor allem zu wenig Geld ausgegeben. Deshalb nimmt die neue Regierung ihnen jetzt noch etwas davon weg. Damit sie dann mehr ausgeben und das Wirtschaftswachstum steigt. Oder wie jetzt?

Vielleicht geht dieser Plan auf, vielleicht hat die Erhöhung der Verbrauchssteuer und all der anderen Steuern einen tieferen Sinn, aber sehr wahrscheinlich ist das nicht. Konsum, der heute nicht stattfindet, kann nicht dazu beitragen, das niedrige Wachstum zu erhöhen. Dieses aber ist die Ursache der meisten Probleme – der Erwerbslosigkeit, der Schieflage der Sozialversicherung, der Defizite in den öffentlichen Kassen.

Natürlich ist nicht nur die Nachfrage ausschlaggebend für eine gute Konjunktur. Wenn allein die Bundesregierung jedes Jahr 40 Milliarden Euro für Zinsen, also alte Schulden, ausgeben muss, steht dieses Geld nicht für Investitionen in Schulen, Labors und Datenleitungen zur Verfügung. Sparen, Kürzen, auch die partielle Erhöhung von Steuern sind deshalb kaum zu vermeiden. Und wer mehr Arbeitsplätze will, muss auch dafür sorgen, dass die Bedingungen für die Unternehmen stimmen. Wenn die große Koalition daher die Sozialbeiträge senkt, ist dagegen nichts einzuwenden.

Freilich sollte das Schlagwort von der „Konsolidierung“ nicht alles beherrschen. Aber wo bleibt das positive Zeichen? In welche Richtung will diese Regierung gehen? Weder formuliert sie eine Vision, die die Leute aufmuntert, noch traut sie sich, nennenswerte Summen zusätzlich in Forschung, Entwicklung und neue Produkte zu investieren, die sich künftig gut verkaufen lassen. Derartige Projekte kommen im Koalitionsvertrag nur als Spurenelemente vor. Diese Extrainvestitionen belaufen sich auf unter 10 Milliarden Euro. Wenn diese Regierung so weitermacht, wie sie begonnen hat, wird sie in einigen Jahren vor ähnlichen Problemen stehen wie heute. Dann allerdings könnten die Defizite der Staatshaushalte so groß sein, dass sie mit Sparen nicht mehr zu beherrschen sind.

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