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StadtentwicklungGasometer steht unter Hochdruck

Auf dem einstigen Schöneberger Gasag-Gelände soll das größte Bauprojekt des Bezirks entstehen: ein dicht bebauter Büropark samt Hochhäusern und als Clou ein Glastower im Gasometer. Den Grünen gefällt das gar nicht.

Unter den Bewohnern auf der "Schöneberger Insel" und den Haushalten in den benachbarten Quartieren geht derzeit die Angst um. Weil der Bezirk Tempelhof-Schöneberg gemeinsam mit dem Investor Denkmalplus/Remtec auf der 70.000 Quadratmeter großen Fläche rund um den einstigen Gasometer eine Bürostadt hochziehen möchte, fürchten sie "einen Potsdamer Platz vor der Nase". Während Schönebergs Baustadtrat Bernd Krömer (CDU) von einer "Zierde für die ganze Stadt" spricht, kritisiert die Bürgerinitiative BI-Gasometer "die Gigantomanie" des Projekts.

Christine Dürr sowie Knut Jenckstadt, die beiden Sprecher der BI, machen gegen die Pläne mobil. Die vorgesehenen Gebäude "mit bis zu 65 Metern Höhe" und der Ausbau des Gasometers in ein Hochhaus seien zu gewaltig. Neue Zufahrtsstraßen und ein Autobahnzubringer zerstörten die Struktur der "Roten Insel". Und für die anliegenden Bewohner in der Ebersstraße und Cheruskerstraße "bleibt nach dem Baulärm der Ausblick auf meterhohe Betonbauten", betonen die Bürgerinitiativler.

Richtig ist, dass laut Bebauungsplan Denkmalplus/Remtec auf dem ehemaligen Gasag-Gelände ein "Europäisches Energie Forum" mit Geschäfts- und Bürohäusern, Hotels, Gastronomien, einer Privatuniversität und einem Park errichten möchte. Reinhard Müller, Chef von Denkmalplus, hofft, dass sich Firmen aus der Umwelt- und Energiebranche dort ansiedeln. Durch die "Konzentration des Wissens" böte sich die Chance, "Lösungen für drängende Energiefragen anzubieten". Für den Bau sind rund 500 Millionen Euro kalkuliert. Baustart auf dem länglichen Areal zwischen der westlichen S-Bahn-Trasse und der östlichen Cheruskerstraße, das in den 1990er-Jahren stillgelegt und später verkauft worden war, soll bereits in diesem Jahr sein.

Im Zentrum der Pläne steht der 80 Meter hohe ehemalige Gasometer, dessen Stahlgerüst erhalten bleibt. Vorgesehen ist, hinter der Stahlrüstung einen Glaszylinder zu errichten. In diesem Glastower sollen Räume für Veranstaltungen und viele Büros untergebracht werden. Zugleich ist angedacht, entlang der S-Bahn-Strecke sieben Büroblöcke zu bauen, die an der nördlichen Spitze des "Energie Forums" auf Hochhausniveau von 65 Metern anwachsen. Ein Bürohaus ist zudem an der Torgauer Straße vorgesehen. Insgesamt gehen die Projektentwickler von 150.000 Quadratmeter Nutzfläche aus.

Aus Sicht der Fraktionen von CDU und SPD bedeutet die Entwicklung der Brache eine Aufwertung des Bezirks. Mit seinem "Entwicklungspotenzial kann es der Motor für eine Gebietsdynamik" für die gesamte Schöneberger Insel werden, sagt SPD-Fraktionschefin Elke Ahlhoff. Zudem sei es gut, den durch den Gasometer kontaminierten Boden zu sanieren.

Dem widersprechen die Grünen und die BI-Gasometer. "Es ist zwar gut, dass endlich auf dem Gelände etwas geschieht", so Ralph Kühne, grüner Fraktionsvize im Bezirk, zur taz. "Aber dies darf nicht in diesen Ausmaßen und möglichen Auswirkungen auf die umgebenden Wohngebiete geschehen." Kühne fordert eine "deutliche Reduzierung" der Büro- und (geplanten 2.000) Autostellflächen. Der Park dagegen müsste "vergrößert werden". Aus früheren Plänen des Bezirks für den Park seien nur Rudimente übrig geblieben.

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1 Kommentar

 / 
  • RI
    Robert Irrgang

    An die

    Taz

     

    Betr.: Gasometer steht unter Hochdruck

     

    Sehr geehrte Damen und Herren!

     

    Den Artikel zur oben genannten Problematik habe ich mit Interesse gelesen.

    Zunächst möchte ich mich ganz kurz vorstellen. Ich bin 24 Jahre alt, Jungunternehmer, und lebe seit meiner Geburt in Berlin. Für mich persönlich ist Berlin die schönste Stadt und vorallendingen, die Stadt mit der größten, impulsivsten und zukunftsträchtigsten Entwicklungschance für die kommenden Jahre.

    Mein Motto ist ? wer die Jahre der Entwicklung in Berlin nicht miterlebt, hat das Beste seines Lebens verpasst?.

     

    Es ist schön zu beobachten und zu verfolgen, wie sich die Stadt entwickelt. Jedoch ist es auch erdrückend, wenn diese negativen Diskussionen ganz bestimmter Parteien dafür Sorge tragen, dass viele Projekte wieder verworfen werden oder sehr spät zur Ausführung kommen. Abgesehen davon, dass dies aus wirtschaftlicher Sicht und aus der Sicht der Steuerzahler nicht zu vertreten ist, schadet solch ein Auftreten unserer Demokratie im In- und Ausland.

    Es kommt dabei der Verdacht auf, dass hier nur ein Betätigungsfeld für bestimmte Parteien gesucht wird, um das ganz persönliche Image zu pflegen.

    Die wirklichen Aufgaben und Herausforderungen bleiben dabei auf der Strecke. Ein konstruktives Zusammenwirken wäre vorteilhafter.

     

    Das gesamte Baukonzept, wie in Ihrem Artikel dargestellt, finde ich sehr bemerkenswert und auch durchdacht. Bevor so ein Bauvorhaben realisiert bzw. genehmigt wird, werden viele Faktoren berücksichtigt, die sich schon alleine aus der Gesetzlichkeit ergeben.

    Der Standort, so wie er sich zur Zeit darstellt, ist umgeben von S-Bahnlinien, Autobahnanbindungen und Hauptstraßen, so dass ich mir vorstellen kann, dass die geplante Bebauung mit dem Park eine beruhigende Zone bilden wird.

    Vergessen sollte man dabei auch nicht, dass hier wieder Arbeitsplätze geschaffen werden.

    Manchmal stehen sich die Menschen selbst im Wege. Alle wollen Arbeit, werden Arbeitsplätze geschaffen in ihrer näheren Umgebung, ist aber keiner bereit Kompromisse einzugehen.

    Ich wünsche den Investoren und dem Bezirk viel Erfolg für die Bebauung.