: Atomboss mag’s sonnig
Utz Claassen ist die schillerndste Figur, die die deutsche Stromwirtschaft in diesem Jahrzehnt erlebt hat. Einerseits ist er ein Überflieger, der im Alter von 17 Jahren sein Eins-plus-Abitur ablegte und dann im Eilschritt die Karriereleiter emporkletterte. Andererseits deckt sich sein Auftreten so gar nicht mit den gängigen Managerklischees. Er ist bekennender Goldkettchenträger, kultiviert einen Hang zu Diätsoftdrinks und erwarb sich durch seine ruppige Art den Beinamen „Rambo“.
So schillernd wie Claassens Auftreten ist seine Karriere. In den Jahren 2003 bis 2007 war er Vorstandsvorsitzender des Energiekonzerns Energie Baden-Württemberg (EnBW), jetzt heuert der einstige Atomunternehmer in der Solarbranche an und übernimmt zum Jahreswechsel den Vorstandsvorsitz der Solar Millennium AG in Erlangen.
Das Wandeln zwischen den Welten beherrschte er schon bei der EnBW. Einerseits kämpfte er bei dem Karlsruher Konzern für den Erhalt der deutschen Atomkraftwerke und den Ausbau der Kohleverstromung. Andererseits hob er schon damals die Bedeutung der erneuerbaren Energien hervor und sagte vor entsprechendem Publikum gerne: „Wir dürfen nicht so tun, als ob die Strompreise der nächsten fünf Jahre wichtiger seien als die ökologische Situation der nächsten 500 Millionen Jahre.“
Fachfremd war Claassen im Jahr 2003 in die Energiebranche eingestiegen. Er war zuvor Vorstandsvorsitzender der Sartorius AG, einem Labor- und Prozesstechnologie-Anbieter in Göttingen. Auch für McKinsey arbeitete er, hatte zudem leitende Positionen bei Ford Europa in Brentwood, bei Volkswagen in Wolfsburg und bei Seat in Barcelona. Als ehemaliger Oxford-Student ist er heute Honorarprofessor an der Uni Hannover. Für einen Mann in den Vierzigern ist das ein beachtliches Pensum, das er nur schaffte, weil er oft umzog.
Jetzt folgt also als nächste Station Solar Millennium. Die Firma ist auf solarthermische Kraftwerke mit Schwerpunkt in Spanien spezialisiert. Die ersten Parabolrinnen-Kraftwerke stehen bereits, weitere sind in Planung. Für den neuen Job bringt Claassen vor allem eines mit: Kontakte in die Politik wie in die Energiebranche. BERNWARD JANZING