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Archiv-Artikel

Ein wahrer Augenschmaus unterm Korb

Alba Berlin dominiert wieder die Basketball-Bundesliga. Im achten Spiel gab es bereits den achten Sieg. Das 110:76 gegen den Tabellendritten Ludwigsburg glich einer Showveranstaltung. Hollis Price warf Traumpässe und spielte mit dem Publikum

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Philipp Zwiener ist 20 Jahre jung. Er ist das Küken im Team von Alba Berlin und soll ganz langsam herangeführt werden an das Bundesliganiveau. Dazu bekommt er nicht allzu häufig die Möglichkeit. Der Nachwuchsmann weiß, dass er sich gedulden muss, dass er noch jede Menge lernen muss, bevor er zu einem Leistungsträger im derzeit überragenden deutschen Basketballteam werden kann. Am Samstagabend in der Max-Schmeling-Halle feierte Alba im Spiel gegen Ludwigsburg ein wahres Basketballfest. Und am Ende durfte auch Zwiener mitmischen beim sagenhaften 110:76-Erfolg gegen die Süddeutschen.

Es war nur noch ein wenig mehr als eine Minute zu spielen. Berlin hatte bereits mehr als 100 Punkte auf dem Konto, da ging Spielmacher Hollis Price auf den Alba-Jungspund zu und zeigte ihm, wie er laufen sollte. Der quirlige Gute-Laune-Playmaker wollte unbedingt, dass Zwiener auch seinen Teil beiträgt zur großen Alba-Show. Er servierte ihm den Ball, Zwiener hob ab zum Korbleger – und scheiterte. Machte nichts. Kurz darauf klappte es mit dem Korb. Und Price war der Erste, der Zwiener abklatschte. Mehr als 7.000 Zuschauer sprangen von ihren Sitzen auf und freuten sich mit den beiden.

Hollis Price, der so etwas wie die personifizierte Spielfreude bei Alba ist, ist als Spielmacher dafür zuständig, andere in Szene zu setzen. Das kann er so gut wie kaum ein anderer in der Liga. Seine No-Look-Passes, die er auch gegen Ludwigsburg immer wieder an den Mann brachte, sind ein wahrer Augenschmaus.

Price weiß auch, wie man mit dem Publikum spielt. Kurz vor Schluss der Spitzenpartie gegen den Tabellendritten wechselte er sich noch einmal selbst ein, nicht um einen weiteren Glanzpunkt zu setzen. Nein, er wollte dem Publikum die Möglichkeit geben, Mike Penberthy mit Standing Ovations zu feiern, als dieser für Price das Feld verließ. „Das sagt viel über unseren Teamgeist“, erläuterte Alba-Trainer Henrik Rödl nach dem Spiel.

Penberthy nahm die Ovationen der Fans mit stolz geschwellter Brust entgegen. Er wusste, dass er einen sagenhaften Auftritt hingelegt hatte. Mit 33 Punkten war er der Topscorer des Spiels. Von zehn Versuchen von jenseits der Drei-Punkte-Linie waren neun erfolgreich. Auch als Zuspieler glänzte er, spielte vier fantastisch anzusehende Assists. Er war der herausragende Spieler in einer Begegnung, die – je länger sie andauerte – mehr und mehr den Charakter einer Showveranstaltung annahm. So wie die bedauernswerten Gegner bei den Basketballshows der Harlem Globetrotters blieb den Ludwigsburgern oft nichts anderes übrig, als den Aktionen der Berliner bewundernd hinterherzuschauen.

Und trotz der Galavorstellung von Penberthy, der sicherlich nicht alle Tage so gut trifft, hatte Trainer Rödl Recht, als er vor allem das Teamspiel seiner Mannschaft lobte. Immer wieder wurde der besser postierte Mitspieler gesucht. Eigensinnige Dribblings zum Korb waren die Ausnahme. 25 Assists, so vermerkten es die Statistiker, spielten die Berliner. Der Beweis dafür, dass das Zusammenspiel stimmt.

Gästetrainer Silvano Poropat war voll des Respekts für die Leistung der Berliner. Warum seine Mannschaft nicht wie im Vorjahr besser mithalten habe können, beantwortete er mit den Worten: „Der Unterschied liegt bei Alba. Wir sind besser als im Vorjahr, das Niveau der Liga ist höher als im Vorjahr – aber Berlin ist noch viel stärker, sie spielen viel, viel, viel besser als die anderen.“

Für Silvano Poropat ist die alte Rangordnung im deutschen Basketball wiederhergestellt, in der jahrelang keine Mannschaft an die Klasse der Berliner heranreichen konnte. Alba-Trainer Henrik Rödl lächelte mild bei den Worten seines Kollegen und sprach mit beinahe schon unverschämter Zurückhaltung folgende Worte: „Wir wissen, dass noch sehr schwere Aufgaben vor uns liegen.“

In der Bundesliga dürften diese allerdings nicht liegen. Eher im europäischen Uleb-Cup. Da zeigten die national noch ungeschlagenen Berliner unter der Woche beim Spiel gegen Aris Saloniki, dass sie auch verlieren können. Am Dienstag spielt Alba in Sofia. Showbasketball wie in der Bundesliga werden die Berliner dort wohl nicht zeigen können. Und ob Philipp Zwiener wieder so schön in Szene gesetzt wird, ist ebenfalls äußerst fraglich.