: Die gleichen Fragen
Auch beim Nations Cup enttäuscht die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft. Die Fans wollen Hans Zach zurück
HANNOVER taz ■ Was für ein hübsches Gruppenbild: Mit ihren Frauen und Kindern ließen sich die kanadischen Eishockey-Nationalspieler auf der Spielfläche der Hannoveraner TUI-Arena ablichten. Das Team Canada, eine Auswahl der besten kanadischen Profis aus der Deutschen Eishockey-Liga, nutzt den neuerdings Nations Cup genannten Deutschland Cup traditionell als lustiges Familientreffen. Sie umarmten sich, rissen Witze, zeigten breitestes Zahnlückenlächeln. Derweil wurden Deutschlands Kufencracks mal wieder von einer Depression heimgesucht. Sie sollten bei dem Turnier durch gutes Spiel ebensolche Stimmung verbreiten – und zeigen, dass sich der diesjährige Abstieg in die B-Klasse bald wird rückgängig machen lassen. So war der Plan. Er ging nicht auf.
Die Freude über den 7:2-Auftaktsieg über eine nicht sonderlich motiviert wirkende US-Auswahl war jedenfalls schnell verflogen. 1:2 verloren die Deutschen am Freitag in Hannover gegen die Schweiz, weil sie ihre durchaus vorhandenen Chancen nicht nutzten. Am Samstag folgte ein böses 0:6 gegen die Slowakei. Nach einem torlosen ersten Drittel verloren die deutschen Profis die Geduld, prompt wurden sie gnadenlos ausgekontert vom technisch und läuferisch überlegenen Gegner. So ging die deutsche Mannschaft am gestrigen Sonntag eher mutlos in die Abschlusspartie gegen die gut gelaunten Kanadier (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet).
Als Bundestrainer Greg Poss nach dem 0:6 – der tristen Realität zum Trotz – seine hinlänglich bekannten Reden von angeblichen Fortschritten im deutschen Team schwang („Jedes Spiel ist ein Progress“) und sich sein perfektes Spiel aus verschiedenen Dritteln imaginär zusammenpuzzelte, spätestens da war die traurige Stimmung der Abstiegs-WM von Österreich wieder erwacht. Gegen diese Eintrübung war auch der neue Bundestrainer-Assistent Uwe Krupp, der die Stimmung im Team zunächst hatte verbessern können, machtlos. „Wenn man so verliert“, sagte der 40-jährige Ex-NHL-Profi, „dann wird das Piano auf dem Rücken immer schwerer.“ Das sage man auf Englisch so, fügte Krupp hinzu. Kapitän Stefan Ustorf meinte: „In der Liga schießen wir alle unsere Tore, doch hier bei der Nationalmannschaft hören wir plötzlich alle auf zu treffen. Und jetzt stehe ich da und muss schon wieder die gleichen Fragen beantworten.“
Es ist halt immer das Gleiche, seit Poss sein Amt im Oktober 2004 angetreten hat: Wie gelähmt agiert die deutsche Mannschaft, paralysiert von der Angst, schon wieder zu versagen. Wenn sie nicht, wie im Spiel gegen die USA, schnell in Führung geht, dann geht sie meist spektakulär unter. Kaum jemand traut dem DEB-Team so noch zu, dass es in der Lage ist, wichtige Spiele zu gewinnen. Sportpsychologen unterscheiden gern zwischen Profis, die auf Erfolg hoffen und solchen, die Angst vor Misserfolg haben – die deutschen Eishockey-Nationalspieler gehören, sobald sie sich das deutsche Trikot überstreifen, mehrheitlich letzterer Gruppe an.
Wo ist der Ausweg? „Weiterarbeiten, weiterkämpfen“, meint Ustorf. „Wir machen viele Dinge richtig, nur der Knoten ist noch nicht geplatzt“, findet Stanley-Cup-Sieger Krupp mit dem Optimismus, den er sich in Nordamerika angeeignet hat. Einen anderen Ausweg schlugen in Hannover verzweifelte Zuschauer vor. Laut riefen sie nach Poss’ erfolgreichem Vorgänger Hans Zach. Schon im Frühjahr hatten deprimierte WM-Gäste bei der Abstiegsrunde in Innsbruck auf Plakaten gefordert: „Gebt uns unseren Hans zurück“.
Wie gut das deutsche Team unter dem Metzgermeister aus Bad Tölz spielte, wurde eigentlich erst im Nachhinein klar: Unter der Regie Zachs, der die Auswahl von 1998 bis 2004 gecoacht hatte, strahlte das deutsche Team Optimismus aus, ohne dass der Trainer dauernd davon sprach. Es machte damals meistens Spaß, Spiele der Nationalmannschaft zu sehen. Das ist jetzt nicht mehr so. Das Vergnügen wünschen viele zurück – und deshalb auch Hans Zach.
CHRISTIANE MITASELIS