Hochschulreform im Schneckentempo

DEMOKRATIE Hamburgs Hochschulgesetz ist verfassungswidrig. Die SPD war angetreten, dies zügig zu ändern. Doch daraus wird so bald nichts

„Man muss die Entscheidungen dort fällen, wo die Expertise sitzt“

WOLFGANG BRÜGGEMANN, PROFESSOR

Die Uni Hamburg hat wilde Jahre hinter sich. Im Sommer 2009 schafften es die Professoren mit einer geheimen Unterschriftenliste so viel Druck aufzubauen, dass die wegen ihres autoritären Stils ungeliebte Uni-Chefin Monika Auweter-Kurtz gehen musste. Sie war der Uni von einem externen Hochschulrat oktroyiert worden – und war nach Gesetzeslage kaum abwählbar. Als ihr Nachfolger Dieter Lenzen auf die gleiche Art bestimmt wurde, besetzten Studierende aus Protest für Wochen das Audimax.

Seither ist viel Wasser die Elbe hinuntergeflossen. Und jene SPD-Politikerin, die damals die Kritik mit vorangetrieben hat, ist seit zwei Jahren selbst Wissenschaftssenatorin in Hamburg. Noch in der Opposition hatte Dorothee Stapelfeldt (SPD) eine schnelle Gesetzesänderung gefordert und sogar einen Entwurf eingebracht. Wichtige Entscheidungen „wie die Wahl des Präsidenten und die strategische Steuerung müssen wieder bei den Hochschulen selber liegen“, sagte sie. Auch kurz nach ihrem Amtsantritt 2011 sprach sie von zügiger Demokratisierung, etwa bei der Wahl des Dekans.

Das schien auch unumgänglich. Hatte doch im Sommer 2010 das Bundesverfassungsgericht (BVG) entschieden, dass entsprechende Paragrafen verfassungswidrig sind. Weil die Professoren zu wenig Mitsprache hätten, sei die Wissenschaftsfreiheit in Gefahr. Zudem hatte Stapelfeldts Vor-Vorgänger Jörg Dräger (parteilos) die Uni in nur sechs Fakultäten mit bis zu 10.000 Studierenden aufgeteilt. Eine Bildung von Gremien unterhalb der sechs Fakultätsräte ist per Gesetz verboten.

Dies endlich zu korrigieren, gehöre zu einer seiner „Lieblingsänderungen“ am Hochschulgesetz, sagte am Dienstag Hochschullehrer Wolfgang Brüggemann bei einer Diskussion des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta). „Man muss die Entscheidungen dort fällen, wo die Expertise sitzt.“ Das Podium war sich weitgehend einig, der Asta hat einen Gesetzentwurf vorgelegt und die Landes-Asta-Konferenz forderte die Senatorin auf, das Gesetz „endlich zu novellieren“. Nicht gekommen war ein Vertreter der SPD-Fraktion, von der es heißt, sie bremse die Senatorin aus. Auch die Handelskammer macht keinen Hehl daraus, dass ihr das alte Gesetz gefällt.

Aus der Wissenschaftsbehörde heißt es, ein Entwurf sei in Arbeit, hier gehe „Sorgfalt vor Eile“. Nur der Termin wandert. Im Herbst hieß es Dezember, dann Februar und April. Böse Zungen sagen gar, in der Behörde werde gar nicht an der Novelle gearbeitet, weil man zu sehr mit internen Sparauflagen beschäftigt sei.

Das Gesetz komme noch in 2013, verspricht Sven Thode, Hochschulpolitiker der SPD-Fraktion. Er räumt ein, dass es noch Diskussionen über die Rolle des Hochschulrats gibt. Doch es gehe hier um einen „großen Wurf“, bei dem auch Themen wie die bessere Absicherung des Wissenschaftsnachwuchses geregelt werde. Da erwarte man im April ein Gutachten. „Ich glaube, das Gesetz kommt im September,“ sagt Thode.

Der Asta-Hochschulreferent Martin Riecke spricht von einem „Trauerspiel“. Die Zeit, die seit dem BVG-Urteil vergeht, sei einfach zu lang. „Man muss für so ein Gesetz Vorarbeit leisten“, sagt er, „das hätte schon längst passieren können.“