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Archiv-Artikel

UNTERM STRICH

Berlin rollt den roten Teppich aus – und vergibt zur diesjährigen Berlinale noch eine Auszeichnung mehr: Die Filmfestspiele sind um den Heiner-Carow-Preis reicher. Eine dreiköpfige Jury wird die von der Defa-Stiftung verliehene Würdigung an den besten deutschen Beitrag in der Sektion Panorama vergeben.

Damit soll nicht nur das zeitgenössische deutsche Filmschaffen gefördert, sondern auch an einen der wichtigsten Regisseure des DDR-Filmstudios Defa erinnert werden, sagte Defa-Stiftungsdirektor Ralf Schenk der Nachrichtenagentur dapd. „Es gibt eine ganze Reihe von Defa-Regisseuren, deren Namen langsam in Vergessenheit zu verschwinden drohen, und dazu gehört Heiner Carow leider auch“, so Schenk. Mit dem neu geschaffenen und mit 5.000 Euro dotierten Preis sei eine Möglichkeit gefunden, den Namen und das Werk des 1997 verstorbenen Filmemachers längerfristig im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern.

Zugleich biete sich die Möglichkeit, Jahr für Jahr zur Verleihung jeweils einen von Carows Filmen einem jüngeren und auch internationalen Publikum näherzubringen. Beim Festakt im Rahmen der diesjährigen Berlinale wird Carows wohl berühmtestes und erfolgreichstes Werk gezeigt werden: „Die Legende von Paul und Paula“ von 1973 mit Angelica Domröse und Winfried Glatzeder in den Hauptrollen.

Heiner Carow, geboren 1929 in Rostock, zählte zu den wichtigsten Regisseuren der Defa. Ab 1950 wurde er bei der Defa zum Regisseur ausgebildet, dann machte er zunächst mit Dokumentarfilmen auf sich aufmerksam. Ende der 1950er Jahre realisierte Carow mit dem „Sheriff Teddy“ nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Benno Pludra seinen ersten Spielfilm. In den Babelsberger Defa-Studios entstanden unter seiner Leitung Streifen wie „Die Russen kommen“ (1968), „Ikarus“ (1976) und „Bis daß der Tod euch scheidet“ (1979). Für „Coming out“, den ersten DDR-Spielfilm, der sich mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzte, erhielt er bei der Berlinale 1990 den Silbernen Bären. Dieter Kosslick, Direktor der Berlinale, schätzte Carow als „Regisseur, der politisch und ästhetisch wagemutige, sozial engagierte und gesellschaftskritische Arbeiten drehte und damit oft ein großes Publikum erreichte“.

Auch für Schenk macht Carows soziales und gesellschaftliches Engagement, das sich in seinen Filmen niederschlug, dessen besondere Bedeutung aus. Nicht weniger wichtig ist für ihn Carows künstlerische Souveränität: „Er hat immer nach stilistischen und formalen Mitteln gesucht, mit denen er Inhalte, die ihm wichtig waren, auf eine ganz spezifische Weise transportieren konnte“, betont der Filmhistoriker. Den Heiner-Carow-Preis für Beiträge der Sektion Panorama zu vergeben, ist naheliegend, weil das Panorama traditionell einen großen Anteil deutscher Produktionen zeigt.