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Homophobie in deutsch-arabischem BlattFragwürdige Integration

Das deutsch-arabische Magazin "Al-Salam" hetzt gegen Homosexuelle - denn die seien "anormal" und verbreiteten potentiell ansteckende Krankheiten.

Vorsicht, Hautkrankheit: homophobe Bebilderung im Anzeigenblättchen. Bild: screenshot al-salam-magazin

Das deutsch-arabische Magazin Al-Salam erregt auf den ersten Blick nicht besonderes Aufsehen. Es liegt zu Hunderten in ganz Berlin, ist ein kostenloses Anzeigenblättchen mit bunten Bildern. Doch der Inhalt der Texte ist nicht ganz so harmlos. Im April veröffentlichte das Magazin einen arabischsprachigen Beitrag mit dem Titel "Ein fleischfressendes Bakterium und geschlechtliche Anormalität". Der Text diffamiert Homosexuelle.

Der Autor, Muhammed Lujain al-Zayn, zitiert eine US-medizinische Studie als Beleg für seine Thesen, dass Homosexualität nicht nur eine individuelle Sünde gegen Gott sei, sondern auch eine gesellschaftliche Gefahr, die es einzudämmen gilt. Schwule bezeichnet der Verfasser als "Verbrecher" und als "Anormale", bei denen Krebserkrankungen um ein Vielfaches höher seien als bei "normalen Menschen". Außerdem sei in der homosexuellen Gemeinschaft in den USA eine "besondere Form der Krebserkrankung" aufgetaucht, die jedoch noch erforscht werden müsse. Bevor irgendwelche Krankheiten übertragen werden, rät Muhammed Lujain al-Zayn Muslimen, Homosexuellen nicht die Hand zu schütteln: "Denn man weiß nie, was für Bakterien und Keime sich an seiner Hand befinden und Verderben bringen könnten."

Alexander Zinn, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg (LSVD), fordert angesichts dieser Worte Politiker auf zu handeln. "Der Hetzartikel darf nicht kommentar- und tatenlos übergangen werden." Er kritisiert, dass sich die Politik nicht an dieses Thema herantraut. "Es ist die Angst, dass man als rassistisch und islamfeindlich angesehen wird", so Zinn und schiebt hinterher: "Diese Scheu darf kein Grund sein, die Diskriminierung einer Minderheit durch eine andere Minderheit hinzunehmen."

Herausgegeben wird das Al-Salam-Magazin im Berliner Najjar-Verlag, der von Youssef Najjar geleitet wird. Für eine Stellungnahme ist er nicht erreichbar. Das Magazin beinhaltet vor allem arabische Texte, aber auch türkische oder deutsche Beiträge sind zu finden.

Thematisch gibt es scheinbar keine Vorgaben. Texte über den US-Wahlkampf stehen neben solchen zur Fußball-Europameisterschaft. "Unser Magazin möchte einen Beitrag zur Integration der in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten leisten", betonen die Macher auf ihrer Homepage. Beiträge zur Integration lesen sich anders.

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13 Kommentare

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  • JM
    Jens Maier

    Lieber Horst 10!

     

    Ihre Bedenken wie möglicherweise in Ostdeutschland von Rechtsradikalen mit Schwulen umgegangen wird in allen Ehren. Aber hilft das den Schwulen und Lesben in irgendeiner Weise weiter, wenn man betont, dass sich ja nicht nur Moslems, sondern auch einige Deutsche als Rassisten aufführen?

     

    Leute die solche Berichte wie der im Artikel angesprochene verfassen, haben hier nichts zu suchen, zumindest nicht in Freiheit.

    Dabei ist es egal, ob nun ein Moslem, ein Christ, ein Araber oder ein Ostdeutscher diese Hasskampagnen verbreitete. Und die schlechteste und höhnischste Ausrede ist ja wohl "andere machen es aber auch".

  • H1
    Horst 10

    Es ist immer wieder erstaunlich, wie einige nur darauf warten, eine Gelegenheit zu finden, sich auf Islam, Islamismus, Moslems etc einzuschießen.

    Vielleicht sollten einige mal drauf schauen, welches Bild ihrer eigene Religion von Homosexualität hat. Oder mal drauf achten, wie tolerant in unseren Land (Ostdeutschland)mit schwulen und Lesben umgegangen wird.

    Es geht hier anscheinend vielen nicht um sachliche Kritik (die ich auch völlig richtig ist), sondern es geht einigen nur darum, ihren vorurteilen freien lauf zu lassen. Schade und traurig zugleich

  • VV
    Volker Vonssen

    @sehrschick: du fragst nach meiner motivation? die kann ich dir benennen: ich habe den schnabel voll davon, daß die erreichte akzeptanz schwuler/lesben mit solchen veröffentlichungen mit füßen getreten wird. ich habe ja keine ahnung, in welchem bundesland du dich aufhälst, aber hier aus berlin-kreuzberg kann ich dir sagen, daß speziell einwanderer aus muslimischen regionen extreme verachtung für diesen, ich nenne es mal lebensstil pflegen. ich hatte gehofft, daß dies im großen und ganzen der vergangenheit angehört, aber leider leider....dem ist nicht so! da du sowohl mein wissenhintergrund akurat einschätzen kannst und selber ein unheimlicher checkker bist, kannst du mir ahnungslosen (und dem einen oder anderen taz-leser auch) sicherlich klarmachen, daß der islam eine super-liberale weltanschauung ist. Oder?

  • R
    rom

    @PeterS: Warum willst du nicht "islamophob" sein? Der arabische Artikel ist eine Schweinerei, weil hier Schwule und Lesben als krank-ekelhaftes Ungeziefer präsentiert werden. Für uns Schwule sollte es eine Ehre sein "islamophob" zu sein! Mit Rassismus hat das gar nichts zu tun, sondern eher mit einem gesunden Überlebensreflex!rom

  • N
    Neulinker

    @Altlinker

    Das ist doch Zeugs. Toleranz gegenüber dem Islam u.a. Religionen meinetwegen. Aber gegen Homophobie gilt es in allen Weltanschauungen und Kulturen anzugehen und hat eben keine Toleranz verdient, weil sie selbst intolerant ist.

    Was mich v.a. in den Kommentaren hier, aber auch ein wenig in dem Beitrag nervt, ist die Mehr-oder-weniger-Gleichsetzung von Islam, arabischer Kultur und Homophobie, so als gehörten sie untrennbar zusammen. Hierin scheinen sich die Toleranz- und die Antiislamfraktion wenig zu unterscheiden.

    Schaut man aber mal über den Großen Teich, nach Fulda oder auch nach Polem (nur Beispiele) und die dort herrschenden christlichen Lehren, dann kann man ähnliche Ausführungen auch in Jesus Namen finden. Der Islam ist per se nicht schwulenfeindlicher oder intoleranter als die christlichen Kirchen und auch in der europäischen Kultur ist - historisch gesehen - Toleranz gegenüber Homosexualität erst seit kurzem festzustellen und auch nicht vom Himmel gefallen oder genetisch aus unserer Kultur erwachsen. Sondern stets aus Auseinandersetzungen.

    Die gilt es zu führen und nicht sich das Toleranzmäntelchen umzuhängen um darunter - wohl auch vor sich selbst - die eigenen rassistischen Ressentiments zu verbergen, a la "in der arabischen Kultur hat man halt was gegen Schwule" oder "Der Islam lässt halt keinen Platz für Toleranz".

  • TC
    trés chic

    @ Volker Vonsson:

     

    Ich verstehe Deine Motivation, Dich hier zu Wort zu melden schlicht überhaupt nicht. Offensichtlich kennst Du Dich weder mit "wissenschaftlicher Islamkritik" noch mit "Islamisten" aus. Auch Grundkenntnisse der arabischen Geschichte gehen Dir offenbar gänzlich ab. Find' ich schade. Und den gar nicht so eindimensionalen Toleranzbegriff solltest Du Dir auch mal aneignen.

  • V
    Velvet

    @Altlinker: Widersprechen Sie sich nicht grade selbst? Wenn Sie Hetze gegen Homosexuelle tolerieren, dann sollten Sie erst recht die Aussage des Artikelautors tolerieren. Was kommt denn Ihrer Meinung nach als Nächstes? Toleranz gegenüber Antisemiten und Rassisten? Ist ja schließlich auch "nur" eine Weltanschauung.

    Nein, meiner Meinung nach darf Intoleranz nicht toleriert werden. Und Hetze gegen eine Minderheit ist intolerant.

  • D
    Dowanda

    Komisch, und Volker Beck sagt nichts dazu?!?! Wo er doch sonst der erste ist, wenn es um Homophobie im Glauben geht.

  • PS
    Peter s

    Richtig, Integration ist keiner Einbahnstraße. Aber es gibt Selbstverständnisse in unserer Gesellschaft, die nicht diskutierbar sind, und dazu zählt, der Respekt vor anderen Menschen/ Personengruppen. Ich kritisiere die Person dafür, dass sie einen homophoben Artikel geschrieben haben. Aber nicht dafür, dass sie einen islamischen Glauben haben.

    Im Artikel wird aber homophober Kram veröffentlicht (schwul=krank...) Und das ist nicht nur intolerant sondern respektlos.

    Als "Schwuler" kann ich sagen, dass verbale Angriffe gegen Schwule nicht grade selten von sogenannten "arabisch aussehenden jungen Männern" gemacht werden. Und dieses Problem darf doch wohl mal auf den Tisch gebracht werden. Deshalb ist man noch lange kein Rassist oder islamophob.

  • A
    Altlinker

    Auch ich empfinde den schnorrigen Ton des Autors "Beiträge zur Integration lesen sich anders" als vollkommen unpassend und respktlos gegenüber MigrantInnen aus dem arabischen Kulturkreis. Integration ist keine schließlich keine Einbahnstraße. Wir sollten uns auch hier Toleranz gegenüber andere Weltanschauungen und Kulturen walten lassen. Das hat mir jedenfalls meine Grundschullehrerin beigebracht. Und die hatte immerhin ein TAZ-Abo!

  • S
    Snark

    @von Krause: Frau Beck hat sich halt versprochen. Sie meinte natürlich: Das müssen wir raushalten.

  • VV
    Volker Vonssen

    Wissenschaftliche Islamkritik und Islamisten sind sich ja – für den desinformierten Bürger sicher überraschend - in einem Punkt einig: Toleranz ist eine völlig unislamische Kategorie. Die Duldung oder gar “Wertschätzung” anderer Denk- oder Glaubensüberzeugungen ist für Menschen unmöglich – und auch nicht zumutbar –, die ihre Weltanschauung als das schlechthin absolut Wahre und Gute verinnerlicht haben, zumal es sich aus ihrer Sicht dabei nicht um menschengemachtes Flickwerk handelt, sondern um die reine und durch nichts relativierbare Lehre ihres Gottes Allah.

  • K
    Krause

    Jeder Migrant ist eine Bereicherung für dieses Land - auch der schwulenfeindliche. Wie meinte doch Frau Beck: "Das müssen wir aushalten".