Doppelter Witz

MUSIK-SCHMIERENKOMÖDIE Mit Fraktus hat das Komiker-Trio Studio Braun als Pseudo-Dokumentation eine angeblich legendäre 80er-Band wiederbelebt. Nach Film und Platte geht es nun auch auf Konzerttour

Der in den letzten Monaten viel erzählte Witz, der den Namen Fraktus trägt, hat offensichtlich nicht nur zwei Seiten (wie jeder Witz), sondern auch zwei Ebenen. Auf der einen Ebene findet sich eine Band, die es in den 1980er Jahren gegeben haben soll, die einen zentralen Einfluss auf die spätere Entwicklung hiesiger elektronischer Musik genommen hat, die aber außerhalb von Expertenkreisen nicht wahrgenommen wurde und jetzt im Rahmen marktüblicher Restverwertungsstrategien ein schäbiges Comeback feiert. Auf der anderen Ebene besteht der Witz darin, dass überhaupt ein solches Nebeneinander von konserviertem Insiderwissen und breitem Vergessen möglich sein soll in dieser Welt, in der ja nicht nur das Aktuelle, sondern auch das Kategorisierungssystem, auf das es sich bezieht, genauso lückenlos wie durchdesignt ist.

Der Erfolg von Fraktus als Gesamtheit von Film, Tonträger, Konzerten und euphorischer Berichterstattung in der Musikpresse gründet allerdings nicht allein auf der Überzeugungskraft dieser beiden – bereits vorher schon mehrfach erzählten – Witze, sondern auch auf dem Umstand, dass deren Urheber alte Bekannte sind. Was hier als Trupp vollständig abgehalfterter Musiker auftrumpft (Rocko Schamoni, Jacques Palminger und Heinz Strunk) hat unter dem Namen Studio Braun bereits vielfach unter Beweis gestellt, wie man gerade aus Trivialem Bizzares und, eben, Witziges herausholt.

So lebt der Film von der anarchischen Lust an der Überzeichnung und dem Wissen um die hinlänglich bekannte Idiotie des um Wichtigtuerei kreisenden Musikgeschäfts. Die Musik – ein ja nicht ganz unwichtiges Nebenprodukt – wiederum lebt vom Film und dessen Protagonisten. Für sich genommen, also auf Platte, hört sich das alles auf doch recht durchschnittliche Weise nach leicht technoiden Derivaten von Palais Schaumburg bis Grauzone an, bedient sich also all dessen, was man in dieser Zeit – nicht immer zu Recht – für gehaltvoll gehalten hat. Live wird man sich allerdings wohl darauf verlassen können, dass diese Schmierenkomödie aus „Transparenz, Durchlässigkeit“ und „osmotischem Empfinden“ (Selbstbeschreibung) durch den Gebrauch „unvergleichbarer Showobjekte“ (Selbstbeschreibung) zur ganz kurzweiligen Veranstaltung gerät.NILS SCHUHMACHER

■ Hamburg: Do, 7. 2., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36; Bremen: Fr, 15. 2., 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Findorffstraße 51; Hannover: So, 17. 2., 20 Uhr, Faust – 60er Jahre Halle, Zur Bettfedernfabrik 3