Ukraine streitet mit Gazprom: Gasdruck sinkt, politischer Druck steigt

Osteuropäische Länder klagen über sinkende Gasmengen. Die Ukraine droht mit Unterbrechung der Durchleitung nach Westeuropa. Die EU dringt auf Gespräche, will aber nicht vermitteln.

Schon wieder nichts in der Pipeline: Gasdruckmessanlage im ukrainischen Boyarka. Bild: dpa

MOSKAU/KIEW taz/ap/afp Die ersten europäischen Länder haben an diesem Wochenende die Auswirkungen des Gasstreits zwischen der Ukraine und Russland zu spüren bekommen. So berichtete Rumänien bereits am Samstag, dass rund 30 Prozent weniger Gas in den Pipelines aus dem Osten ankämen als vor dem Jahreswechsel. Der bulgarische Konzern Bulgarez meldete einen Rückgang von 15 Prozent, beim polnischen Pipeline-Betreiber Gaz-System waren es 11 Prozent weniger als vereinbart. Der deutsche Gasversorger Eon Ruhrgas verzeichnete zwar einen leichten Druckabfall, bekam aber "das Gas, was wir bestellt haben". Die ukrainische Regierung warnte allerdings, dass es innerhalb von zehn Tagen zu "ernsten technischen Problemen" bei der Durchleitung von russischem Gas kommen könne.

Wie schon vor drei Jahren streiten der russische Gasmonopolist Gazprom und das ukrainischen Staatsunternehmen Naftogaz über zukünftige Lieferbedingungen und noch offene Forderungen. Obwohl Moskau und Kiew eine schrittweise Anhebung der Preise auf das westeuropäische Niveau über drei Jahre vereinbart hatten, forderte Gazprom zunächst die vollständige Bezahlung der Rückstände von Naftogaz, die die jüngsten Preiserhöhungen nicht an die Ukrainer weitergegeben hat. Die Schulden beliefen sich nach russischen Angaben zuletzt auf 2,1 Milliarden US-Dollar. Die Ukraine verkündete am 30. Dezember, dass sie die Rechnungen für November und Dezember bereits beglichen habe. Unklar bleibt jedoch, ob die Verzugszinsen und Vertragsstrafen in Höhe von 450 Millionen Dollar ebenfalls bezahlt wurden. Silvester brachen Gazprom und Naftogaz die Verhandlungen schließlich ab, die Lieferungen wurden eingestellt. Beide Seiten hatten aber zunächst versichert, dass der Streit keine Auswirkung auf Lieferungen in die EU haben werde.

Davon war am Wochenende keine Rede mehr. "Wenn der Druck in den Leitungen nicht wieder zunimmt, kann der Gastransit binnen zehn Tagen ganz unterbrochen werden", warnte der Beauftragte für Energiefragen des ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko, Bogdan Sokolowski. "Das ist dann nicht unser Fehler." Derzeit werden etwa 80 Prozent der russischen Erdgasexporte über die Ukraine nach Europa geleitet.

Gazprom-Vizechef Alexander Medwedjew reagierte darauf und und beschuldigte die Ukraine, täglich 35 Millionen Kubikmeter Erdgas zu stehlen. Medwedjew reiste am Wochenende durch Europa, warb für den russischen Standpunkt und forderte die Europäer zu rechtlichen Schritten gegen die Ukraine auf. In Moskau kündigte Gazprom Klage gegen Naftogaz vor dem Stockholmer Schiedsgericht an. Naftogaz will mit einer Gegenklage reagieren.

Sowohl die Bundesregierung als auch die tschechische Ratspräsidentschaft wiesen darauf hin, dass die Gasspeicher gut gefüllt seien. Die EU kündigte aber an, dass der Konflikt Thema der Gaskoordinationsgruppe am Freitag sein soll. Sowohl Russland als auch die Ukraine hätten Vertreter zugesagt, teilte EU-Sprecher Ferran Tarradellas mit. Eine Vermittlerrolle wolle die EU aber nicht einnehmen.

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