: Wie viel Europäer sitzen in Düsseldorf?
Aachen will fast allein mit Landesmitteln ein Europäisches Kulturzentrum bauen. Daher braucht das Projekt die Gunst des Kabinetts. Die Gunst der CDU vor Ort hat es bereits verloren
AACHEN taz ■ Eigentlich redet man in Aachen gerne von Europa. Immerhin liegt die Stadt in der „Euregio“. Außerdem heißt der berühmteste Sohn der Stadt Karl der Große – und der gilt vielen bis heute als erster Europäer überhaupt. Im Moment allerdings sorgt das Thema Europa in Aachen für ziemlich viel Streit. Schuld daran ist das so genannte „Bauhaus Europa“, ein Kulturzentrum, das Geschichte und Zukunft Europas gewidmet sein soll. Dass so ein Haus eine feine Sache wäre, noch dazu wenn die Landesregierung im Rahmen der „Euregionale 2008“ den größten Batzen der Kosten übernimmt, war bis vor kurzem unter den Stadtverordneten fast einhelliger Konsens. Doch jetzt will die CDU aus dem Projekt aussteigen. Und Aachen steht Kopf.
Angefangen hatte es vor zwei Wochen mit einem offenen Brief von NRW-Bauminister Oliver Wittke (CDU) an SPD-Oberbürgermeister Jürgen Linden. Der OB dürfe nicht länger behaupten, die Landesregierung würde 21 der veranschlagten 30 Millionen Euro zuschießen, teilt Wittke mit. Schließlich sei der Landeshaushalt noch gar nicht beschlossen. Darauf schlugen in der Lokalpresse die Wellen hoch: Tagelang machten Leser ihrem Ärger über die angebliche Geldverschwendung Luft. Nach dem Motto: Was braucht man ein weiteres Museum, wenn alle den Gürtel enger schnallen müssen.
Bei der Aachener CDU fiel die Diskussion offenbar auf fruchtbaren Boden. Es gebe bislang weder eine Planung der Kosten, noch ein Konzept, beschwert sich CDU-Fraktionschef Rolf Einmahl gegenüber der taz. „Aber wir sollen schon jetzt den Abriss des alten Gebäudes beschließen und einen Gründungsdirektor einstellen.“ Es sei offensichtlich die Strategie des OB, „Pflöcke einzuschlagen“, damit der Stadtrat gar nicht mehr anders könne als den Bau zu beschließen. „Aber das machen wir nicht mit.“ In die Ratssitzung gestern Abend wollte die CDU daher einen Antrag einbringen, das Projekt von der Anmeldung zur Euregionale 2008 zurückzuziehen. Das wird wegen der Mehrheitsverhältnisse zwar keinen Erfolg haben. Aber weil im Land Schwarz-Gelb regiert, fürchtet man bei Rot-Grün in Aachen schon ein bisschen, dass die Bauhaus-Gegner die CDU-Minister auf ihre Seite ziehen. Und reagiert entsprechend empfindlich.
„Das ist eine Provinzposse, jetzt alles abzublasen“, schimpft der grüne Fraktionsgeschäftsführer Günter Schabram. Der Architektenwettbewerb stecke mitten in der zweiten Phase, am inhaltlichen Konzept des Projekts werde noch gefeilt und die Kostenfrage werde erst im März entschieden, wenn der Landeshaushalt verabschiedet werde. „Vorher ist das Projekt nicht entscheidungsreif.“ Mit ihrer jetzigen Ablehnung vergebe die CDU viel zu früh und ohne Not eine „einmalige Chance für Aachen 21 Millionen Euro zu bekommen“.
Warum sich die CDU so wenig „vaterstädtisch“ verhält, liegt für die rot-grünen Freunde des „Bauhaus Europa“ übrigens auf der Hand. Die Konservativen fürchteten wohl, das Zentrum werde ein „Denkmal für den OB und Rot-Grün“, vermutet Schabram. Außerdem, so SPD-Fraktionschef Heiner Höfgen, gebe es in der CDU viele, die lieber ein neues Konzerthaus bauen wollen. „Die wollen dafür Geld abzweigen.“ Dass die Aachener CDU es tatsächlich schafft, die Landesregierung von ihrer Unterstützung für das Projekt abzubringen, glaubt Höfgen nicht. „Zum Glück ist Armin Laschet auf unserer Seite.“ Tatsächlich ließ der Integrationsminister und Kreisvorsitzende der Aachener CDU gestern verlauten, er stehe weiter hinter der Idee. Auch der Bauminister sei immer noch bereit, das Kulturzentrum zu finanzieren, bestätigt sein Sprecher Stephan Heuschen. „Nur beziffern kann er das noch nicht.“ SUSANNE GANNOTT