Rechtsradikale Propaganda: Nazis bei Facebook

Das soziale Netzwerk aus den USA wird in Deutschland immer beliebter. Das zieht auch Rechtsextreme an: Die treffen sich in Gruppen oder erklären Adolf Hitler zum "Freund".

Auf Facebook sind zahlreiche Seiten mit rechtsradikaler Propaganda zu finden. Bild: screenshot / facebook.com

Dass alte und neue Nazis das Internet verwenden, um sich zu koordinieren und öffentlich Propaganda zu betreiben, ist seit langem bekannt. Deshalb ist es auch kaum verwunderlich, dass sie sich inzwischen auch im Web 2.0 tummeln, dem so genannten Mitmachnetz mit seinen populären "Social Networks", Video- und Kommunikationsdiensten. Nur das Ausmaß war bislang nur teilweise bekannt.

Auf der Website "Boocompany", die sich seit Jahren mit den Missetaten von Internet-Firmen beschäftigt, tauchte nun eine Liste mit 200 Seiten innerhalb des sozialen Netzwerkes Facebook auf, die teilweise auf Deutsch, teilweise in anderen Sprachen versteckt bis völlig offen Nazipropaganda betreiben. Facebook hat in Deutschland mehr als eine Million Nutzer und wächst hier zu Lande in den letzten Monaten stark. Weltweit teilt es sich mit MySpace die Top-Position.

Wer sucht, findet in dem sozialen Netzwerk beispielsweise das Angebot einer "Leibstandarte SS - Adolf Hitler", das offenbar aus Südafrika stammt. Der Betreiber schreibt, es handele sich "nicht um eine Neo-Nazi-Gruppe", verherrlicht die braune Division aber als "ruhmreich". Ebenfalls enthalten sind Gruppen zu einer "Thule-Gesellschaft" sowie Seiten zu diversen Nazigrößen von Hermann Göring bis Joachim von Ribbentrop. Antisemiten finden sich in einem englischsprachigen "Holocaust-Leugner der Welt, vereinigt Euch"-Forum zusammen. Die anonyme Betreiberin von "Boocompany", die Bloggerin Lanu, forderte die bekannten deutschen Facebook-Investoren Alexander, Marc und Oliver Samwer auf, im Unternehmen darauf hin zu wirken, dass diese Seiten gelöscht würden. Sie widersprächen eindeutig deutschem Recht und seien Straftatbestände. Der Betreiber selbst habe sich nicht gerührt, berichtet die Bloggerin Lanu. Facebook verneinte letzteres jedoch gegenüber taz.de: man habe "schnellstens reagiert", sagte eine Sprecherin.

Facebook hat dabei das Problem, dass die Seite von vorne herein eine internationale Ausrichtung hatte und rechtlich nach US-Vorgaben agierte - und die sind, was rechtsextreme Propaganda anbetrifft, deutlich lockerer als die in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Das "Free Speech"-Argument, das Recht auf freie Meinungsäußerung, sei sie noch so hässlich, gilt als äußerst wichtig. "Wir nehmen unsere Nutzungsbedingungen sehr ernst und reagieren schnell und sperren Gruppen, die diese Regeln verletzen", sagte dennoch Firmensprecher Barry Schmidt gegenüber der Nachrichtenagentur "dpa".

Konkurrenten wie StudiVZ, die in Einzelmärkten wie Deutschland noch immer größer sind als der internationale Riese Facebook, hatten ihre Naziprobleme längst. Dort werden regelmäßig entsprechende Profile gelöscht und Gruppen aufgelöst, angeregt von genervten Nutzern, den eigenen Community-Managern oder der von den deutschen Bundesländern getragenen Kontrollstelle "Jugendschutz.net", die das soziale Netzwerk auf dem Radar hat. Dort soll nun auch Facebook intensiver beobachtet werden. Die Aktion von "Boocompany" zeigte unterdessen Wirkung: Bei einer Prüfung durch taz.de am Freitag waren bereits die eindeutigsten Neonazi-Seiten zumindest von Deutschland aus nicht mehr zu erreichen. Entsprechende Filter kann Facebook durchaus technisch einbauen; zudem ist die hiesige zentrale Domain "Facebook.de" in Deutschland registriert, was "Boocompany"-Bloggerin Lanu zur Drohung veranlasste, notfalls eine Strafanzeige zu stellen.

Auch auf anderen Web 2.0-Angeboten tummeln sich Rechtsextreme und Neonazis. So kämpft etwa die Google-Tochter YouTube mit entsprechenden Inhalten. NPD und braune "freie Kameradschaften" stellen Videos ein und betreiben Propaganda - oft genug so angelegt, dass sie nicht gesperrt werden können. Auf die Nazi-Probleme bei Facebook gab es hingegen eine Reaktion: Die Telekom-Tochter "3min", deren Reklame bei dem sozialen Netz unter anderem direkt neben rechten Seiten auftauchte, zog ihre Werbung inzwischen zurück, wie das Berliner Multikulti-Webradio "multicult 2.0" berichtete. So seien Anzeigen neben Hitler verherrlichenden Angeboten aufgetaucht. "Das möchten wir natürlich nicht", kommentierte eine Telekom-Sprecherin gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.