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Archiv-Artikel

„Mein Einsatz ist keine Taktik“

Als Bundestagsabgeordnete trug Franziska Eichstädt-Bohlig die historisierende Schlossrekonstruktion mit. Inzwischen plädiert die mandatslose Grüne öffentlich für ein Moratorium zum Abriss des Palasts

Interview Tina Hüttl

taz: Frau Eichstädt-Bohlig, woher rührt die plötzliche Liebe der Grünen zu dem Betonklotz namens Palast der Republik?

Eichstädt-Bohlig: Es geht uns nicht um den Erhalt des Palasts, sondern um den jetzigen Rohbau und die Frage, wie weit man daraus Teile in einen künftigen Neubau integrieren kann …

aber Halt, das Bündnis nennt sich doch ausdrücklich „Bündnis für den Palast“.

Noch kann ich das Bündnis zu wenig einschätzen, inwiefern es sich von den starren ideologischen Linien „Schloss gegen Palast“ frei macht. Ich habe die Organisatoren aber so verstanden, dass es ihnen ausdrücklich um das Abrissmoratorium und nicht um den dauerhaften Erhalt des Palasts geht. Dieses Ziel unterstütze ich, weil bisher weder ein schlüssiges Baukonzept noch eine Finanzierung für das so genannte Stadtschloss steht. Selbst dessen Befürworter haben für den Ostteil keine Lösung. Die neue Idee für das Luxushotel ist absurd. Ich will einen Architektenwettbewerb, um zu sehen, was da Sinnvolles entstehen kann. Ich finde, man sollte aus der Substanz des Palasts ein modernes Bauwerk entwickeln und es im Westteil einer Erinnerung an das Schloss gegenüberstellen.

Auf den Punkt gebracht: Auf den Palast als solches und seine Zwischennutzung können Sie also getrost verzichten.

In dem Bundestag-Antrag, den Anna Lührmann und Christian Ströbele mit meiner Unterstützung gemacht haben, sprechen wir uns für ein Moratorium aus – bis die Planung so konkret ist, dass man sagen kann, welche Teile des Palasts man integrieren und welche man notwendigerweise für Neubauten abreißen will.

Sie saßen aber auch in der Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ des Bundestags und haben im Juni 2002 ihre Unterschrift unter deren Empfehlung gesetzt, die da lautet: „ Eine Neubebauung des Berliner Schlossplatzes soll sich an der Stereometrie des ehemaligen Berliner Schlosses orientieren.“ Woher rührt Ihr Sinneswandel?

Meine Unterschrift steht da, weil ich die Berichterstatterin für das Thema war. Ich habe aber damals für den Alternativantrag gestimmt, nämlich dass Grundriss und Kubus sich zwar am Schloss orientieren, die weitere Gestaltung aber einem Architekturwettbewerb überlassen bleibt. Durchgesetzt hat sich dann eine Mehrheit, die für eine Schlossrekonstruktion gestimmt hat; deshalb steht da auch meine Unterschrift darunter.

Trotzdem: Gegen die historischen Schlosspläne haben Sie und die Grünen sich in den vergangenen Legislaturperioden nicht gerade engagiert. Milde könnte man Ihr Verhalten mit Desinteresse am Schlossplatz umschreiben …

Das Thema war zwischenzeitlich von der Agenda verschwunden, und es wird auch bald wieder von dort verschwinden, weil schlicht das Geld für den Bau fehlt. Erst seit der Machbarkeitsstudie und den konkreten Abrissplanungen wird wieder darüber diskutiert.

Die Künstler, Architekten und Stadtplaner, die den Palast zwischennutzten, waren doch medial sehr präsent. Von Ihnen jedoch hört man öffentlich erst seit Oktober – seitdem klar ist, dass Sie nicht mehr dem Bundestag angehören und die Grünen keine Regierungsverantwortung mehr haben. Das riecht nach Opportunismus.

Wir hatten immer den Konflikt, dass Antje Vollmer eine andere Position im Bundestag vertreten hat und für die Schlossrekonstruktion war. Insofern stimmt es, dass ich medial nicht allzu dick die Backen aufgeblasen habe. Das meiste ist sehr viel diskreter gelaufen.

Sie machen sich durchaus berechtigte Hoffnung, als Spitzenkandidatin bei den nächsten Wahlen ins Berliner Abgeordnetenhaus einzuziehen. Ein Grund für Ihr neu entflammtes Interesse am Schlossplatz?

Nein, in der Palastgeschichte geht es für mich nicht um Taktik. Ich bin selbst Architektin und Stadtplanerin und habe seit 1993 ein stadtentwicklungspolitisches Interesse am Thema. Deswegen ärgert mich auch, dass die PDS mit gezinkten Karten spielt. Einerseits akzeptiert Herr Flierl als Senatsmitglied den Abriss. Auf der anderen Seite gerieren sich sein Vater und andere Parteimitglieder wie Petra Pau als große Gegner.