Phänomen Schattenkabinett: Stars von draußen
SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier hat sein Wahlkampfteam vorgestellt. Vor ihm wurde oft versucht, mit neuen Gesichtern zu punkten - nicht immer mit Erfolg.
BERLIN taz Mit Jost Stollmann wurde Gerhard Schröder auf einen echten Erfolgstypen aufmerksam. Gerade hatte Stollmann seine New-Economy-Firma mit riesigem Gewinn verkauft, er stand für modernes Wirtschaften. So einer fehlte Schröder in seinem Schattenkabinett für 1998. Der Unternehmer wurde Schröders Wirtschaftsfachmann.
So wie Stollberg werden alle Wahlkämpfe wieder Hoffnungsträger aus dem Hut gezogen, die die bekannten Teams mit neuen Gesichtern aufhübschen sollen. Vor vier Jahren war es der Rechtsprofessor Paul Kirchoff, der mit seinen radikalen Ideen zur Vereinfachung des Steuersystems Angela Merkels Profil schärfen sollte. Die Rechnung ging nicht auf: Kirchoff wurde zur neoliberalen Fratze des Merkel-Wahlkampfes. Von allen Seiten wurde auf den Schatten-Finanzminister eingedroschen, Kanzler Schröder fand mit dem "Professor aus Heidelberg" das Feindbild, das er als Wahlkampfmotivation brauchte. Am Wahltag hatte Merkel ihren klaren Vorsprung fast verspielt. Den Namen Kirchoff hat sie im Endspurt auffällig selten verwendet. Auch ihr CSU-Kollege Edmund Stoiber hatte vor seiner Kandidatur im Jahr 2002 kein glückliches Händchen mit seinem externen Kandidaten. Stoiber buhlte um seinen Münchener Vorzeige-Unternehmensberater Roland Berger, den er für das Wirtschaftsressort gewinnen wollte. Nach wochenlanger Spekulation lehnte Berger schließlich ab, es passte "nicht in seine Lebensplanung".
Wenn es gerade keine prominenten Quereinsteiger zu finden gibt, bedient sich die Politik gerne auch an gestandenen Leuten - und präsentiert sie als Neuheit. 1994 wurde aus dem SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping mit einem Schlag der Anführer der "Troika". Gerhard Schröder war für Wirtschaft, Oskar Lafontaine für Finanzen zuständig. Auch für Scharping sollte es keinen Erfolg geben. Zuerst verlor er die Wahl gegen Helmut Kohl, danach putschten ihn seine Troika-Kollegen von der Parteispitze weg.
Auch Jost Stollmann wurde nie Minister - er verstand sich nicht mit Parteichef Oskar Lafontaine. Nach der Wahl stieg er ganz aus. Er segelte um die Welt und zog nach Australien. Von weiteren politischen Aktivitäten ist nichts bekannt.