Union Berlin trennt sich von Hauptsponsor: Moralische Kündigung

Union Berlin trennt sich von seinem zwielichtigen Sponsor. Dessen Chef im Aufsichtsrat war früher bei der Stasi. Für die Fans nicht akzeptabel, denn die Clubidentität lebt von der Benachteiligung durch die Stasi.

Jürgen Czilinsky, Aufsichtsratsvorsitzender der ISP, soll zu DDR-Zeiten Führungsoffizier der Stasi gewesen sein. Bild: dpa

Eine günstigere Wendung hätte diese Geschichte für Dirk Zingler kaum nehmen können. Der Präsident von Union Berlin hat mit dem Feuer gespielt, doch seit Montag wird er von den Fans in den Internetforen als derjenige gefeiert, der die große Katastrophe verhindert hat.

Im Frühjahr fädelte er einen für Zweitligaverhältnisse sensationellen Deal ein. Zehn Millionen Euro versprach die neu gegründete Firma International Sport Promotion (ISP) dem Aufsteiger für die nächsten fünf Jahre. Allerdings ging Zingler recht lax mit der Tatsache um, dass die ISP im Zwielicht stand, weil sie nie erklären wollte, woher ihre Gelder kommen. Zingler damals: "Manche Leute reden nicht so gern über das, was sie tun."

Nachdem nun bekannt wurde, dass Jürgen Czilinsky, der Aufsichtsratvorsitzende der ISP, Mitte der Achtzigerjahre bei der Stasi im Range eines Hauptmannes bei der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) gearbeitet hat, kündigte jedoch die Union-Führung den Sponsorenvertrag auf. Ein Ex-Stasimitglied ist bei Union nicht vermittelbar. Beziehen doch die Fans bis heute einen Großteil ihrer Identität aus der Ablehnung des früheren Stasi-Clubs Berliner FC Dynamo.

Die Personalie Czilinsky dürfte dennoch eher ein günstiger Anlass denn ein Grund für den Bruch mit dem Sponsor gewesen sein. Denn sonst hätte Union ja auf das ISP-Angebot eingehen können, Czilinsky zu entlassen. Die nur 60-tägige Zusammenarbeit zwischen Union und ISP war ein einziges PR-Desaster.

Die Glaubwürdigkeit der ISP litt nicht nur darunter, dass sich keiner einen Reim auf ihre wenig transparent dargestellten Geschäftsfelder (TV-Senderrechte, Umweltmanagement, Rohstofferschließung, Müllentsorgung und Spielerberatung) in Afrika und Südamerika machen konnte. Falschaussagen und -angaben der ISP über den Registereintrag der Firma verlieh dem öffentlichen Argwohn zusätzliche Würze. Die Firma behauptete etwa aus Imagegründen, an der Handelskammer von Dubai gemeldet zu sein. In Wirklichkeit war sie im Nachbaremirat notiert.

All dies warf kein gutes Licht auf den Tabellenführer der Zweiten Liga, der vermutlich gehörigen Bammel davor hatte, dass die ISP weiterhin so verlässlich imageschädigende Schlagzeilen produziert.

Union befand sich auf einem gefährlichen Schlingerkurs und scheint nun gar noch von seinem prekären Blindflug zu profitieren. Die Fans rechnen es ihrem Präsidenten hoch an, dass er wegen der Stasi-Vergangenheit von Czilinsky auf 10 Millionen Euro verzichtet hat. Allerdings ein Problem wird es geben. Eine frühere Stasimitgliedschaft eines Firmenmitglieds dürfte vor Gericht als Trennungsgrund nicht taugen. Wohl deshalb formulierte Union in seiner Pressemitteilung recht schwammig: "Grund für die Trennung sind falsche Angaben des Vertragspartners beim Zustandekommen des Vertrages."

Union dürfte Czilinsky kaum nach einer früheren Stasi-Mitarbeit gefragt haben. Dieter Fietz, der Geschäftsführer der ISP kann sich jedenfalls nicht daran erinnern. Falls die ISP nicht freiwillig auf ein juristisches Nachspiel verzichtet, wird Union noch andere Argumente ins Feld führen müssen. Das dürfte interessant werden. Denn öffentlich hat Dirk Zingler immer beteuert, dass es bei den Verhandlungen keinerlei Spielraum für Nachfragen gegeben hätte. Intern wären die Darstellungen der ISP immer transparent gewesen.

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