SPD und CDU in NRW: Videoschlacht zur Wahl

Die SPD in Nordrhein-Westfalen regt sich darüber auf, dass die CDU die Wahlkampf-Auftritte ihrer Landeschefin Hannelore Kraft filmt. Aber wieso eigentlich?

SPD-Landeschefin Kraft wird nur bei öffentlichen Auftritten gefilmt. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Eklat über den "Rumänen-Fauxpas" von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen war groß. Die Rüttgers-Rede über die angeblich nicht ganz so arbeitswilligen Rumänen war von einem Juso-Mitglied laut eigener Aussage zufällig gefilmt worden.

Die SPD wirft jetzt der CDU vor, den Gegenschlag zu führen. Die Landes-CDU soll eine professionelle Produktionsfirma auf Hannelore Kraft angesetzt haben. Die Sozialdemokratin werde seit dem Rüttgers-Video bei öffentlichen Auftritten von CDU-Kameras unter die Linse genommen, sagt Dirk Borhart, Sprecher der nordrhein-westfälischen SPD.

Die CDU argumentiert, die Videoaufnahmen seien unter den großen Parteien in Nordrhein-Westfalen schon seit mehreren Jahren vollkommen üblich. "Das sind Videos von Reden und keine Intimsituationen", sagt ein CDU-Sprecher. Das Ganze sei keine Retourkutsche auf die Amateur-Aufnahmen von Rüttgers' Rumänen-Rede. SPD-Sprecher Borhart sieht das anders: "Mir ist vorher nicht aufgefallen, dass die CDU uns seit Jahren mit der Videokamera verfolgt."

"Was spricht denn dagegen, wenn sich Parteien mit den politischen Argumenten des Gegners auseinandersetzen?", fragt hingegen der CDU-Sprecher: "Wir wollen einfach nur Antworten auf politische Fragen und wir wollen die ersten sein die erfahren, was für ein Politikkonzept Frau Kraft hat." Das Filmen der Auftritte von Hannelore Kraft geschehe mit offenem Visier, die SPD wisse wer da hinter der Kamera stehe.

Erst kürzlich bei einer Wahlkampfveranstaltung in Herford habe SPD-Sprecher Borhart das Produktionsteam gefragt, wer denn ihr Auftraggeber sei. Das habe man ihm jedoch nicht sagen wollen. Selbst greife die SPD nicht zur Kamera. "Bisher filmen wir nicht systematisch. Mitschnitte wie von Rüttgers Rede in Duisburg waren Zufallstreffer", argumentiert Borhart. Das Juso-Mitglied, das den Stein des Anstoßes auf Video festhielt, habe lediglich eine Studiengebühren-Protestaktion der Jusos filmen wollen.

Die CDU hält dagegen: "Die SPD tut so, als stünden da irgendwelche Amateure mit Kameras. Dabei macht auch sie systematische Videoaufzeichnungen von der CDU", so der Sprecher der Christdemokraten.

Falls sich jedoch beide Parteien mit der Kamera beobachten, sei das auch nicht verwunderlich, sagt Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann, Vize-Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht und Parteienforschung. "Dass systematisch der politische Gegner auf Veranstaltungen gefilmt wird, habe ich zwar noch nicht gehört. Aber im Wahlkampf gibt es bei jeder Partei eine Abteilung Gegnerbeobachtung", sagt der Forscher. Im amerikanischen Raum werde schon längst jede Äußerung des politischen Gegners dokumentiert und untersucht.

"Die deutschen Parteien tendieren sonst eher dazu, nur im eigenen Saft zu schmoren. Ich sehe das Ganze also nicht so dramatisch. Und ob es eine Retourkutsche ist, lässt sich im Moment nicht beurteilen", erklärt von Alemann.

Die beobachtete Hannelore Kraft wertet die Kameras als christdemokratische Suche nach Fehlern von ihr: "Neuerdings begleitet mich die CDU durch Kamerateams, die filmen sollen, was ich möglicherweise an 'Ausrutschern' produziere. Ich kann denen nur sagen: von mir werden sie solche Aussagen wie von Herrn Rüttgers nicht hören, weil der entscheidende Unterschied ist: Ich denke sie erst gar nicht."

Der entscheidende Punkt ist wohl eher, ob beide Parteien tatsächlich nur nach plumpen Fehlern des Gegners Ausschau halten, statt sich auf ihre eigenen Argumente im Wahlkampf zu konzentrieren. Ein Trend zu Negativ-Kampagnen per Video? Für Parteienforscher von Alemann sind die Aufnahmen eher Auswüchse des modernen Wahlkampfes: "Im elektronischen Zeitalter ist es recht einfach einen Politiker bei öffentlichen Auftritten zu filmen und mitzuschneiden. Da müssen wir mit solchen Weiterentwicklungen der politischen Gegnerbeobachtung rechnen."

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