: Auf Komplizen schießt man nicht
HARDBOILED Mit „Parker“ hat Taylor Hackford einen Roman von Donald E. Westlake verfilmt, dessen Titelheld ein hartgesottener Gangster mit speziellem Ehrenkodex ist
VON WILFRIED HIPPEN
„Bullen, wie lange wollt ihr leben?“, „Der Millionen Coup der Zwölf“ und „Klauen wir gleich die ganze Bank“ lauten einige deutsche Titel von amerikanischen Thrillern, die auf Büchern von Donald E. Westlake basieren. In diesem Sinne kann man froh darüber sein, dass die hiesigen Verleiher nicht mehr glauben, jeden Originaltitel auf jeden Fall eindeutschen zu müssen. Dabei hat dieser Film einen speziellen, fast programmatischen Titel, denn Parker ist der Titelheld einer ganzen Romanreihe, die Westlake unter dem Pseudonym Richard Stark veröffentlichte. Und gleich der erste von diesen Thrillern war die Vorlage eines Klassikers des Thriller-Genres. „The Hunter“ von 1962 verfilmte John Boorman als „Point Blank“ mit dem stoischen Lee Marvin in der Rolle des existentiellen, hartgesottenen Gangsters mit einem eigenen Ehrenkodex, der einen gewalttätigen Feldzug gegen seine eigenen Komplizen beginnt, weil sie versucht haben, ihn zu übervorteilen. Nur den Originalnamen durfte dieser Antiheld nicht tragen, weil Westlake, der 2008 starb, sich Hoffnungen auf eine eigene Filmserie machte. Und die Produzenten von „Parker“, der auf Westlakes Roman „Flashfire“ basiert, machen sich offensichtlich Hoffnungen, nach dem erwünschten Erfolg einige Fortsetzungen zu drehen.
Für Jason Statham wäre es ein längst überfälliger Karriereschritt, denn er ist zur Zeit zwar neben Daniel Craig der Darsteller, der in Kampf- und Actionszenen am glaubwürdigsten wirkt und zudem eine gelassen, maskuline Ausstrahlung hat, die an Bruce Willis in seinen besten Jahren erinnert. Aber Statham fehlt solch ein Film wie „Die Hard“, durch den seine Filmpräsenz endgültig definiert werden würde. In Luc Bessons „Transporter“-Reihe ist er zwar gut eingesetzt, doch ihr fehlt trotz des Erfolgs an den Kassen der entscheidende Kick, durch den Statham im kollektiven Bewusstsein mit dieser Figur verschmelzen würde.
Als „Parker“ ist er ein hochprofessioneller Gangster, der nach einer Reihe von eisernen Regeln wie „klau nur Geld von Leuten, die es nicht wirklich brauchen“ handelt. Diese werden bei einem raffinierten Überfall auf einen Vergnügungspark von seinen Komplizen gebrochen, so dass es zu Opfern kommt, und nachdem Parker sich weigert, weiter mit diesem Team zusammenzuarbeiten, versucht dieses nicht nur ihn umzubringen, sondern auch, ihn um seinen Anteil zu bringen. Dies wiegt offensichtlich schwerer, denn Parker ist eines von diesen Stehaufmännchen, die das amerikanische Actionkino bevölkern und es ist viel Fantasie darauf verwendet worden, ihn möglichst pittoresk und originell zu malträtieren. Für den Rest des Films versucht Parker seine ehemaligen Komplizen auszutricksen, die ihrerseits versuchen, ihn umzubringen und dabei auf die Unterstützung durch einen mächtigen Mafiaboss rechnen können. Man kennt die Versatzstücke des Genres, aber sie werden in interessanten Varianten und mit einem schön boshaften Humor inszeniert, bis Jennifer Lopez auftaucht und der Film plötzlich einen ganz anderen Ton anschlägt.
Ihre Figur ist eine Immobilienmaklerin in Palm Beach, Florida, und sie wird etwa zur Hälfte des Films so ungeschickt eingeführt, dass der Verdacht aufkommt, ihre Rolle wäre als Zugeständnis für den Star Jennifer Lopez unnötig aufgeblasen worden. Als eine liebenswert chaotische Karrierefrau, die sich im Büro von erfolgreicheren Kolleginnen demütigen lassen muss und mit ihrer sehr temperamentvollen Mutter zusammenlebt, die ständig Daily Soaps ansieht, trifft sie Parker als vermeintlichen Kunden, der sich Häuser in Palm Beach ansieht, um herauszufinden, wo seine Gegner wohnen und was sie planen. Sowohl der Mann wie auch die Aussicht auf die Beute ziehen sie an und bald ist sie eine Art Assistentin von Parker, deren Rolle aber nie wirklich schlüssig definiert wird. Die Produzenten hofften wohl auf eine ähnliche erotische Spannung wie bei Steven Soderberghs „Out of Sight“, aber Statham ist kein George Clooney und Jennifer Lopez ist, auch wenn es nicht galant ist, dies zu erwähnen, inzwischen 15 Jahre älter. So ist eine Szene, in der sie sich vor ihm auszieht (sie könnte ja verwanzt sein) eher peinlich als erotisch und spätestens nachdem Parkers viel jüngere Freundin auftaucht, um ihn nach einem weiteren Gemetzel mit Nadel und Faden zusammenzuflicken, sind die beiden eher gute Freunde und Geschäftspartner.
So hängt der Film deutlich in der Mitte durch und wird auch beim Finale nicht wieder den Sog der ersten zwanzig Minuten erreichen, obwohl die Schlusspointe zu den inspirierten Einfällen von Westlake zählt. Wie hoch die Hoffnungen der Produzenten sind, hiermit eine Serie von Actionfilmen zu starten, sieht man auch daran, dass sie mit Taylor Hackford („Ein Offizier und Gentleman“, „Ray“) einen der renommiertesten, kultiviertesten und teuersten Regisseure Hollywoods engagiert haben. So ist der Film grandios fotografiert und handwerklich solide, aber bei all den Schuss- und Stichwunden dann doch ein wenig zu sauber geraten. Das Genre sollte man nicht zu gut polieren.