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Archiv-Artikel

Polizei räumt Wiener Audimax

ÖSTERREICH Zweimonatige Besetzung des Hörsaals beendet. Obdachlose sollen auf alternative Unterkünfte verteilt werden. Studenten-Plenum diskutiert weiteres Vorgehen

Rektor Georg Winkler rechtfertigte den Einsatz mit einer angeblichen Drogenparty

AUS WIEN RALF LEONHARD

Die Audimax-Besetzung in Wien ist Geschichte. Am Montag morgen beendeten Dutzende Polizisten eine zweimonatige Besetzungsaktion in der österreichischen Hauptstadt. Laut Polizei befanden sich nur 15 Studenten, aber 80 Obdachlose im größten Hörsaal der Uni, mit dessen Besetzung am 22. Oktober eine landesweite Protestbewegung begonnen hatte. Widerstand gab es keinen. Eilig herbeitelefonierte Sympathisanten fanden sich zu einer spontanen Protestkundgebung vor dem Gründerzeitbau an der Ringstraße.

„Heute Abend hätten im Plenum die Bedingungen für eine Einigung mit der Universität beschlossen werden sollen“, heißt es in einer Erklärung der Besetzer. Von ihrer Seite habe Bereitschaft geherrscht, noch vor Weihnachten eine Lösung zu finden. Rektor Georg Winkler rechtfertigte den Einsatz mit einer angeblichen Drogenparty, die am Wochenende stattgefunden habe. Zudem hätten die Vorbereitungen für „wilde Weihnachts- und Silvesterpartys“ das „Handeln jetzt notwendig“ gemacht.

Dagegen verwahren sich die die Besetzer. Um keinen Vorwand für polizeiliches Einschreiten zu liefern, hatten sie im Audimax schon lange ein Alkoholverbot verhängt. Der Reinigungsdienst funktionierte nach den etwas chaotischen ersten Tagen reibungslos – nicht zuletzt dank der Obdachlosen. Die Unterbringung der ausländischen Obdachlosen, die zu den Notschlafstellen der Stadt keinen Zugang haben, war zuletzt die wichtigste Forderung der Besetzer. Die Unterstandslosen bekamen von den Polizisten ein Informationsblatt mit Adressen von alternativen Unterkünften. Die Leute müssten nicht bei 15 Grad unter Null im Park nächtigen, versicherte die Polizei.

Die Audimaxisten halten das für unglaubwürdig. „Die Vorbereitungen für die Versorgung der Obdachlosen waren noch nicht ganz abgeschlossen.“ Rund 100 Obdachlose stünden ein paar Tage vor Weihnachten auf der Straße. „Diese Menschen wurden heute mutwillig in die Kälte geschickt“, kritisiert Markus Reiter, Geschäftsführer der Notschlafstelle Neunerhaus.

Am Montagabend wollten die Besetzer in einer Plenarsitzung den weiteren Weg diskutieren. Eine Mehrheit hatte sich bereits dafür ausgesprochen, das Audimax zwar formal weiter besetzt zu halten, aber für den Vorlesungsbetrieb freizugeben. Die hohen Kosten für das Anmieten von Sälen im Austria Center waren den Besetzern vom Rektorat immer wieder vorgehalten worden. 1,3 Millionen Euro soll das bisher gekostet haben. Die geplante Plenarsitzung wurde jetzt in den Hörsaal C 1 des Uni-Campus verlegt, der besetzt bleibt.

Die politischen und akademischen Forderungen der Besetzungsbewegung sind in fünf Arbeitsforen delegiert worden, die Ende Januar mit den inhaltlichen Debatten beginnen sollen. Einen symbolischen Erfolg hat die Bewegung schon erreicht. Der neue Begriff „Audimaxismus“ wurde von einer Fachjury der Universität Graz in Kooperation mit der Austria Presse Agentur (APA) zum Wort des Jahres gewählt.