… LEIPZIG? : ’ne Reise wert sein
„Das Schönste hier in Wien / ist der Schnellzug nach Berlin“, sang vor wenigen hundert Jahren die NDW-Ösi-Band Blümchen Blau. Wobei Anfang der Achtziger das Attribut „schnell“ im Kontext einer Eisenbahnfahrt auf die Insel Westberlin ein geradezu irrwitziger Euphemismus war.
Wegen der begrenzten Schienenkapazitäten zwischen Mauerstadt und westlichem Ausland inkl. BRD genossen die Menschen zwischen Tegel und Steglitz übrigens schon früh ein Privileg, das dem Rest der Republik erst anno 2013 zuteil wurde: Fernbus fahren. Vom ZOB (Zentralen Omnibusbahnhof) aus ging es mit dem Berlin Linien Bus nach Celle, Marburg oder Zwiesel, auch nach der Wende noch. Da wurde es freilich zum Nischenangebot für die, die wirklich sparen müssen.
Jetzt ist mal wieder alles neu: Das Schienenprivileg aus den 30er Jahren – kein Langstreckenbusverkehr in Konkurrenz zur Bahn – ist gekippt, der Markt soll’s regeln, die Autobahnen werden sich bald mit rollenden Dreamlinern füllen. Neue Unternehmen drängen auf den Markt, und auch in Berlin dürfte sich noch einiges tun. Gestern schickte der Anbieter MeinFernbus zum ersten Mal seine klimatisierten Personentransporter auf die Reise nach Frankfurt am Main und Leipzig.
Wer’s eilig hat, sollte weiterhin die Finger vom Busticket lassen: Siebeneinhalb Stunden Fahrt an den Main fühlen sich an wie zu Zeiten des Transitabkommens, zweieinviertel an die Elster sind auch nicht rekordverdächtig. Aber billig: ab 8 Euro. Dafür fährt man gern mal in die „Hauptstadt der Träumer“ (Spiegel) – auf ein Fattigauer in der Karl-Heine-Straße, ’ne Lipz-Schorle in der Südvorstadt oder, warum nicht, zum Motettenhorchen in die Thomaskirche.
Und wenn das Heimweh zwickt, liegt der schönste Ort vis-à-vis dem Hauptbahnhof: die Bushaltestelle. CLP Foto: dpa